Ich rufe Jochen Malmsheimer

Wenn die Sendung nicht oft so unlustig auf lustig machen müsste, wäre sie noch besser. Doch ich will nicht schimpfen. Und so traf ich mich wieder vor dem Fernseher, als Jürgen von der Lippe "Was liest Du?" anmoderierte.
Er begann die Sendung mit folgenden Worten: "Es gibt nur einen, der mich in den Schlaf lesen darf". Und schon nach diesem Satz WUSSTE ich, wer der Gast der Sendung sein musste und freute mich wie jeck. Wie immer lag ich völlig richtig: Es war die beknacktest bekleidete Inkarnation der Idee, die Gott mal hatte, als er die Stimme erfand. Es war Jochen Malmsheimer.
Selten sind die Momente, die ich in kindlicher Aufgeregtheit vor dem Fernseher teichle. Aber ich teichelte arg. Deshalb dies.


Lieber Herr Malmsheimer,
lieber Jochen,

ich weiß, Du hast viel zu tun. Aber denk auch mal an mich. Ich versprach Dir einst in Witten, dass wir uns mal im Weitmarer Holz treffen, wenn Du Deinen österreichgroßen Hund Bracken ausführst, der aus dem Maul stinkt und nach vorn orientiert ist. Die Frau aus Weitmar verließ mich aber, und so ist mir der Weg zu weit.
Ich danke Dir vielmals für unzählige Stunden auf den Spuren von Wart oder Wesley. Für Abenteuer mit verwirrten Königen auf den Spuren des Aventurentieres, Zauberschlössern aus ranziger Butter und für Schlachten auf Pferden, die es in der Form längst nicht mehr gibt. Für die immense Kraft des treudoofen Türken und die listige Niederlage des Sizilianers. Und natürlich für Butterblume, die schöne Maid, die so lebendig aus meiner Kindheit erwachte. Und für das Murmeln des Königs.
Natürlich auch für Geschichten von Hebammen und anderen Imperativen, sprechenden Worten, der Dialektpresse, dem Oblomow und einem Treffen in der Disco. Vor allem aber für die Geschichten von Wart und Wesley. Hier vergesse ich sogar die russische Familie im Schlafzimmer über mir, die niemals Nachtruhe kennenlernten und immerfort Staub saugen. Es ficht mich nicht.

Aber denk auch mal an mich. Ich hab das nun alles öfter gehört, als man es verlangen könnte. Nun muss ich anderen zuhören, und das ist kein Spaß.

Bitte, lieber Jochen, lies! Es ist völlig gleich, was Du liest. Sogar dem Mist aus der Sendung mit Herrn von der Lippe konntest Du einen Zauber einhauchen. Lies meinetwegen ein Buch vom Bohlen. Oder das Örtliche. Aber gib mir die Kraft, wieder ins Bett zu gehen. Das sei mein Wunsch fürs nächste Jahr.

Ergebenst,
der Raketenmann

Abnehmen beginnt im Kopf

Nachdem die aktuelle Wirtschaftskrise den Medien viel mehr Quote durch Angst und Schrecken verspricht, vermisse ich etwas die alljährliche präventive Diät-nach-Weihnachten-Laberei. Nebenbei bemerkt: So ne Krise ist nur dann auch ne wunderbare Krise, wenn alle davon sprechen und so richtig schön die Hosen voll haben. Also Chefs und Vorstände, die eben auch nur die BILD (danke, Jens) lesen und deshalb lieber vorsorglich Leute feuern. Um en vogue zu sein. So macht man Krisen. Aber was reg ich mich auf – ihr habt die gutbezahlten Jobs, die anderen die Zeit, das Hirn zu verwenden. Doch ich schweife ab.

Wovon ich eigentlich erzählen wollte ...
Es ist schon eine ganze Weile her, aber die Geschichte fiel mir grad wieder ein. Und da mich auch eine gute Freundin täglich mit diesem Thema konfrontiert, will ich sie kurz niederlegen.

Es begab sich zu der Zeit, als ich in meiner Rolle als Autofahrer an einer Kreuzung der Grünphase harrte. Vor mir lenkte eine mittelalte Dame ein Fahrzeug, die mir schon seit Kilometern durch ungelenke Steuerung ihres Gefährts auffiel. Ich bin keiner, der sagen tät, dass Frauen nicht fahren können, um Gottes Willen, aber eben dieses Exemplar gehörte zu jenen Vielen, die schon Schuld empfinden, wenn sie morgens selbständig aufstehen. Und so fuhr sie auch.
Wir wollten gemeinsam links abbiegen. Der grüne Pfeil, der uns das nun erlaubte, verursacht bei vielen immensen Stress. Man ist sich nie so wirklich sicher, ob der Gegenverkehr wirklich stehen bleibt. Sicher ist nur, dass von hinten gehupt wird, wenn man eine Sekunde verstreichen lässt, um auch sicher zu gehen. Und die Unsicherheit ist in jedem Fall begründet. Den Beweis wollte die Frau nun selbst liefern. Obwohl ich nicht hupte. Ich war viel zu verblüfft ob ihres Tatendrangs.
Anstatt links abzubiegen, fuhr sie zunächst geradeaus weiter, bis die Verkehrsinsel vor ihr anzeigte, das solches Verhalten auf der Abbiegespur nicht vorgesehen ist. Durch souveränes Einlenken nach links umschiffte sie das Beton-Eiland aber nahezu rechtzeitig und bollerte nur mit einem Rad über den Rand. Auch die Verkehrsteilnehmer, die nicht aufgrund der Straßenverkehrsordnung zum Stehen gezwungen waren, standen nun und staunten.
Grade an der ersten Insel vorbeigeschrappt, war der Kurvenradius ihres Autos viel zu groß, um die nächste Insel, an der sie ursprünglich links hätte vorbeifahren sollen, zu umfahren. Und hier zeigte sich die Eigenschaft viel zu vieler Menschen, die mich täglich in Raserei und Gewaltphantasien zwingt: Weitermachen als wär nix.
Sie meterte also auf die zweite Insel zu, krachte über die Schwelle, die bei Verkehrsinseln hoch genug gebaut ist, um dem Fußgänger Sicherheit vorzutäuschen und holperte rechts an einem Schild vorbei, das einen Pfeil zeigte, der nach links wies. Nachdem sie, ganz Frau der Lage, auch den Slalom um die zwei Ampeln, die auf dieser Insel wohnten in beeindruckender Weise gemeistert hatte, krachte sie auf der anderen Seite wieder auf die Fahrbahn. Es konnte weiter gehen. Nix passiert. Dummdidumm. Nur die Frisur hatte sicherlich gelitten.
Ich setzte meine Fahrt hinter ihr mit offenem Mund fort und las den Aufkleber, der die gesamte Breite ihrer Heckscheibe einnahm und dem ich nichts hinzuzufügen hatte: "Abnehmen beginnt im Kopf".

In diesem Sinne. Esst die Teller leer! Wer weiß, ob's morgen noch was gibt.

Diesmal ohne Worte.

Nichts hinzuzufügen. Frohes Fest. Wo auch immer.
Puh.