Kompletter Quark. Eine Leidensgeschichte für Gestalter.

Seinerzeit im Studium, das waren noch Zeiten! Meine Herren! Wollte man sich daran machen, auf digitalem Wege etwas zu layouten, gab es nur ein ernstzunehmendes Programm. Und das konnte keiner ernst nehmen. Mit Ausnahme des arroganten Herstellers, der nichtmal für die Computer der Lehranstalt einen günstigen Kurs raustun wollte. Der Name war wie so oft Programm: Quark.
Hätte die Firma nicht Quark geheißen, man hätte sie Käse nennen müssen. Eine ganze Firma kümmerte sich um ein Produkt, und nichts kam dabei raus. Das schaffen sonst nur Microsoft oder KiK. Hoppla, ich schreibe schon im Präteritum; dabei gibt's den Laden noch.

Die Alleinherrschaft eines Konzerns auf einem bestimmten Sektor kann niemand gutheißen. Aber was soll man tun, wenn nicht jubilieren? Jubilieren und frohlocken über Adobes Idee, doch auch mal ein Layoutprogramm zu stricken, mit dem man wirklich, ja wirklich jetzt, Layouts machen kann. Nachdem die Welt also stöhnte, weil der Umweg über Powerpoint, Word, einer Schere und einem Hammer in manchen seriösen grafischen Situationen einfach unumgänglich war, und mancher schon überlegte, seine Magazine in Photoshop anzulegen, ging der Himmel auf und InDesign fiel herab. Danke, Herr!

Warum echauffiere ich mich so? Warum schreib ich sowas? Nun ... ich bin derzeit gezwungen, mit QuarkXPress zu arbeiten. Und das, der Chronist soll's nicht verschweigen, in einer wirklich nicht historischen Version.

Wie kann man sowas verkaufen? Man kann Werkzeuge nicht per Tastenbefehl aufrufen! Ich krieg's im Kopf! Das ist, als müsste ich jedem "E" bei der Textverarbeitung nen Nüssel wegtippexen, wenn ich ein "F" schreiben will! Oder zum Pizzaboten fahren, um dort meine Telefonbestellung aufn Bierdeckel schreiben! Da werd ich verrückt!
Aber wenn das schon alles wär, es wäre die Aufregung nicht wert. Höchstens nen Tennisarm und pro Tag ne verlorene Stunde. QuarkXPress kann auch nicht per Tastenkürzel zoomen! Nur, wenn das Verschiebewerkzeug aktiv ist, welches man erst mit der Maus, MIT DER MAUS, anklicken muss! Auch weiß XPress nicht, was ich möchte, wenn ich ein Textfeld doppelklicke. Überdies kann ich Bilder nur bis zur magischen Grenze von 10 Prozent verkleinern. Warum sollte ich auch mehr verlangen, wo es doch Photoshop gibt, mit dessen Hilfe ich zehn Versionen eines Bildes erstellen und aufm Server deponieren kann – für den Fall, dass ich sie brauche? Warum kann man in dem Programm eigentlich schreiben? Dafür gibt's doch wunderbare externe Texteditoren.
Auch hat XPress lustige Bugs. So fragte ich mich in den letzten Tagen häufiger, warum mein grade gespeichertes Dokument keinen Text mehr enthält, sobald das Speichern erledigt ist. Die Lösung: er passt nicht mehr hin. Nach Stunden des mühevollen Suchens fand ich raus warum: Der Text war um 115,547 Grad geneigt. Das kann schonmal vorkommen beim Speichern. Wenn man eh die Zeit hat, dauernd Werkzeuge anzuklicken, hat man auch die, alle Texte nach dem Speichern wieder gerade zu rücken.
Ohnehin kommt XPress vom Werk komplett ohne Funktionen daher. Man kann bestimmt ein Bild einfügen. Auch einen Textkasten. Aber den Rest müssen Plugins übernehmen - sogenannte Zusatzprogramme, die oft von Dritten initiiert werden, weil sie besonders viel Zeit haben. Mein Lieblings-Plugin ist CopyDesk, was mitnichten von Dritten programmiert wurde. Demnach funktioniert es auch nicht, findet aber rege Verwendung. Es tut Folgendes: Es läd mir externe Texte mitsamt Kommentaren Dritter so in mein Layout, dass ich kaum noch denken muss und alles an Ort und Stelle ist. Theoretisch. Praktisch würde ich nichtmal sagen, dass es für XPress geschrieben wurde, wenn ich das nicht genau wüsste. Sobald ich auch nur den Hauch einer Aktion ausführe, sehe ich gar nichts mehr. Alles weg. Is aber kein Problem, es ist ja nur ein Darstellungsfehler. Es ist nicht weg, man sieht's nur nicht mehr. Grade bei Layouts eine hilfreiche Sache, damit man den Kopf mal wieder frei bekommt. Die Taste F7 bringt eine neue Darstellungsweise und schon ist alles wieder da. Und in der Praxis sieht das dann so aus: Klick, F7, Klick, F7, Klick, F7, ... dann ist 18 Uhr und ich gehe nach Hause. Wer mal ein Bild blind ausrichten wollte, kann ungefähr nachvollziehen, dass man danach gut schläft.

Eine gute Nachtruhe wünsch ich auch den Jungs von Quark. Lange kann das nicht mehr dauern.