Knochenjob

Morgen komm ich raus hier. Fünf Tage im Krankenhaus sind komplette Kacke. Operationen sind egal, Behandlungen welcher Art auch immer sind auch egal. Aber als Nachtmensch ist man hier geliefert. Und als Raucher, liebe Leser, als Raucher sieht man vor der Tür dem eigenen Ende ins gelbliche Gesicht. Doch ich will vorn beginnen.

2011 wurde ich an zwei Zahnwurzelspitzen operiert. Zwei noch bei mir wohnende Weisheitszähne hab ich direkt mit rauswerfen lassen. Seinerzeit war ich stolz, herausgefunden zu haben, dass Angst vor Zahnbehandlungen jeglicher Art einfach Unfug ist. Der Weg zu dieser Erkenntnis war lang und panisch; oft auch sehr schmerzvoll. Drei Adjektive, die ich später keinem Zahnarztbesuch zuordnen konnte. Keinem. Ich glaube, dass Eltern auch hier ihren Kindern das ein oder andere faule Ei ins Hirn legen und damit Schlimmes erschaffen. Vielleicht wie bei pfui Spinnen, vor denen kein Kind Angst hat, bis es Mama auf der Flucht erlebt. Und so sind Zahnärzte vielleicht auch Spinnen. Sie tun nix. In der Regel.

Nach der OP meldete ich immer mal wieder an, dass sich ein benachbarter Zahn unwohl zu fühlen scheine, was er beim Kauen auf Hartem gern kund täte. Frau Doktor röntge und beschwichtigte alsbald. Das ginge bald weg. Ein halbes Jahr später hab ich mir acht Wurzelbehandlungen gegönnt, da sie mir nun glaubte. Einen guten Teil davon bezahlte ich selbst, da die Krankenkassen nur noch Methoden aus der Kreidezeit finanzieren. Besser wurde es nicht. Aber ich schnarchte bald und die Luftzufuhr war nasal auch nur noch mono. Also schickte sie mich zum Gesichtschirurgen, dem nach etwa drei Sekunden im Angesicht des Röntgenbilds alles klar war. Krankenhaus. Ne Woche. Keine halben Sachen mehr.

Übersetzt hieß dies: Kieferknochen entzündet. Nebenhöhle auch. Knochen verabschiedet sich. Au Backe. Übersetzt hieß das auch: ruhig mal ne zweite Meinung einholen, wenn der Zahnarzt ungläubig ist. Die Wurzelverwurstungen hätte ich mir sparen können.

Und nu isses schon vorbei. Und es war wie üblich NICHT schlimm, liebe Angstpatienten. Schlimm waren die sechs Jahre ohne Zahnarzt, denn ohne das würde ich jetzt auf der Couch sitzen und Kekse futtern. Genauer gesagt war Folgendes nicht schlimm:
Zahnfleisch vom Schneidezahn bis ganz hinten aufschneiden und wegklappen. Backenzahn ziehen. Loch in den Kieferknochen bohren, Knochen reinigen und entzündete Teile entfernen. Kanal von der Kieferhöhle in die Nebenhöhle bohren, bzw erweitern. Nebenhöhle reinigen und desinfizieren. Tamponade von Kieferhöhle über Nebenhöhle und aus der Nase raus verlegen. Alles wieder vertüddeln.

Was ich davon weiß, ähnelt meinen zwei OP-Erfahrungen zuvor:
Tablette nehmen, sich beklagen, dass die gar nicht wirkt und davon aufwachen, dass Angehörige über mein Betragen nach der Narkose amüsiert sind. Dieses Mal rief ich auf dem Weg ins Zimmer wohl aus, dass man den Weg frei machen solle und klärte eine Schwester, die mich im Aufzug begleitete und an die ich mich noch vom Weg nach unten erinnerte darüber auf, dass sie echt nen scheiß Job habe, wenn sie den ganzen Tag nur Aufzug fahren müsse und dort wahrscheinlich nicht mal was zu essen bekäme. Dann schlief ich wieder.

Der Rest ist Scheisse und Ödnis. Ich hatte Glück, ein Einzelzimmer zu ergattern. Aber das macht es trotzdem nicht schön. Also geht zu Ärzten. Zu allen Ärzten. Immerzu. Dann kommt es nicht so weit, dass ihr hier liegen müsst.

Und wie Axel Schulz aussehen ist auch nicht geil.