Digitalpainting in Photoshop. Ein putziges Tutorial

Es gab so manches Tutorial zur digitalen Malerei im Netz, was mich arg weitergebracht hat. Überdies habe ich viele teure Bücher zu dem Thema im Schrank und musste auch noch studieren gehen und zweimal die Woche nackerte Menschen malen. Ich will nun mittun und auch einen kleinen Teil meines kleinen Wissensschatzes preisgeben, den ich wirklich nicht für großartig erachte. Aber vielleicht hilft es wem. (Ja, natürlich auch dem Onkel)

Ich hab schon Besseres verzapft, aber für dieses Tutorial mag ich den just entstandenen Chrissi gebrauchen. Zumindest ein Bild von ihm.

Was wir einkaufen sollten, bevor wir beginnen:
- ein Grafiktablett von akzeptabler Qualität (nicht das Tablett macht die Kunst, aber unter 200 Euro braucht man hier nicht anfangen)
- ein Grafikprogramm mit ordentlicher Tablettunterstützung. Photoshop macht exzellente Arbeit und lässt sich fern jeglicher Vorstellungskraft ein- und umstellen. Corel Painter kommt schon mit wunderbaren Werkzeugen aus der Tüte und bietet vom malerischen Gesichtspunkt wesentlich mehr als Photoshop. Allerdings ist die Bedienung und Geschwindigkeit selbst in der neuesten Version derartiger Käse, dass Spaß nicht so recht aufkommen will.
- ein wenig Erfahrung im Umgang mit dem ausgewählten Programm

Das war's auch schon. Jetz is Spaß.

Ich habe Skizzen bislang immer mit dem Bleistift in ein Skizzenbuch gehackt und erst dann in Photoshop weiter gearbeitet. Bislang. Das neue Wacom-Büffet bietet mir allerdings genug Feel, um den Bleistift außer Acht lassen zu können. Also fang ich gleich in Photoshop mit der Skizze an.



1.
Die Hintergrundebene dunkle ich zunächst ab. Das hat den Nutzen, dass ich sofort sowohl mit dunklen Farben schattieren kann, als auch mit hellen Lichter setzen.
Für die Skizze lege ich eine neue Ebene an. Der Pinsel ist eigentlich egal. Allerdings hab ich's lieber, wenn ich erstmal grob reinmetern kann, anstatt mich in Details zu verstricken. Ich wähle daher ne Custom-Spitze, die ich mal von Melanie Delon geklaut habe und eine andere, die ich woanders geklaut habe. (Ein weiser Tipp aus dem Studium: "Klaut solange, bis ihr denkt, ihr habt die Sachen selbst gemacht, weil ihr vergessen habt, dass ihr sie mal geklaut habt!")






2.
So. Zwecks Farbfindung öffnen wir uns ein halbwegs ordentlich gemachtes und neutral beleuchtetes Portrait, aus dem wir ein paar Farben entwenden können. Der Leser wird's bereits bemerkt haben: es wird enorm viel entwendet dieser Tage. Das macht aber nix.
Ein bisschen Wissen kann nicht schaden: Männer sind um das Kinn herum, also allerorts, wo Bart wächst, meist recht grau. Je dunkelhaariger, desto grauer. Daher pinseln wir ein entsättigtes Blau um den Bart, nachdem wir auch dem Kinn einige Hautfarben spendiert haben. Die Partie um die Nase herum ist meist etwas rötlicher.
Die Fotoreferenz benutzen wir, weil wir draus lernen können. Auf, bzw. unter der Haut schimmern unerwartet viele Farben und erst die bringen Leben rein. "Hautfarbe" gibt es nicht! Also Pipette reinhalten und gucken.

Nachdem wir grob die Farben aufgetragen haben, wandern wir mit der Pipette durchs Bild und nehmen Farben auf, damit sich alle hübsch vermischen können. Immer mit leichtem Druck schichtweise überpinseln.
Da wir uns natürlich eine Lichtquelle überlegt haben (in Chrissis Fall liegt sie rechts oben), bekommt die rechte Seite wesentlich mehr hellere Töne ab als die rechte.
Grundsätzlich empfiehlt es sich, erst mit den dunklen Farben zu beginnen, um die Schatten zu entwickeln, danach die Lichter aufzusetzen und dazwischen sehr schlumpfig vorzugehen.



3.
Den Schatten, den die Kappe wirft, habe ich grob auf einer neuen Ebene gemalt, weichgezeichnet und auf multiplizieren gestellt, sowie in der Deckkraft reduziert, bis es aussah. Anschließend habe ich die überschüssigen Teile per Ebenenmaske entfernt. Da das sehr nach Effekt und Photoshop aussieht, werden die Ebenen anschließend wieder reduziert (meine Hintergrundebene halte ich separat) und das lustige Farbenmischen per Pipette geht weiter (wer's nicht weiß: der Pinsel wird per alt-Taste temporär zur Pipette).




4.
Es war bislang nicht einmal nötig, den Pinsel zu wechseln. Das sei mal denen gesagt, die Milliarden von Brushes sammeln und dennoch nix schaffen. Bislang hat das Bild keine scharfen Kanten. Der Focus liegt zudem auf dem Gesicht und nur da arbeite ich eventuell Details aus. Es ist vielleicht beeindruckend, ein Unterhemd fotorealistisch auszuarbeiten, aber völlig sinnfrei, weil es nur ablenkt.
Nachdem ich den Hintergrund gemalt hatte, gefiel mir die Farbe nicht mehr. Das ändert "Farbton/Sättigung" ganz fix. Wer hier an Schmu denkt: Michelangelo hätte das auch genutzt.
Anschließend bin ich mal kurz zu Painter gewechselt, um den Hintergrund etwas zu verwischen, was mir mit diesem Programm leichter fällt.

Die Bartstoppeln kann man auch mit einem schnell erstellten eigenen Pinsel malen; ich war so frei und habe sie einzeln reingetupft. Und zwar auf einer separaten Ebene, denn hier schummel ich gern: Per "Ebeneneffekt" -> "Abgeflachte Kante und Relief" gebe ich den Pünktchen ein klitzekleines Bisschen Licht auf die rechte Seite, um sie plastischer zu machen. Vorsicht: Effekte, die man sieht, töten alles ab.




5.
Ich reduziere alles auf eine Ebene und schaue mal im "Beleuchtungseffekte"-Filter nach ner hübschen Glühbirne. Ein einfacher Spot von oben rechts tut's ganz gut. Fertig. Kurz freuen, dann neues Bild anfangen.





Hinweise am Rande:
Ein Bild so aufzubauen ist die harte Variante. Einfacher ist, das Bild zunächst nur aus Graustufen aufzubauen. So findet man Lichter und Schatten wesentlich einfacher und kriegt die Übergänge besser hin. Nachdem man soweit durch ist, legt man die Farben auf einer neuen Ebene mit Modus "Farbe" drüber. Allerdings sieht das Ergebnis etwas fade und metallisch aus, weshalb man später nochmal auf einer neuen Ebene im Normalmodus drüberjuckeln muss. Man probiere selbst, was einem eher liegt. Ich bin zu ungeduldig für diese Arbeitsweise.

Und der Obertipp:
Schnell arbeiten! Das klingt absurd, ist es aber nicht. Im Aktzeichenunterricht hatten wir pro Pose 20 Minuten Zeit, was zunächst unmöglich scheint. Aber nur so lernt man, schnell die nötigen Formen und Farben zu finden und wird stetig besser. Das Bild aus diesem Tutorial ist an einem Abend entstanden. Ich hab noch viele viele unfertige Bilder auf der Festplatte, die ewig unfertig bleiben, weil ich tagelang an Details gedengelt habe und mich nachher vor dem anstehenden Rest erschrak und keine Lust mehr hatte.

Viel Spaß.

Auch hier:
Computer Graphics Society