Von Schneidebrettchen und Schließanlagen

Der Kfz-Mechaniker meines absoluten Vertrauens sagte mir vor vielen Jahren mal: "Mach den Schlüssel da ab. Das geht sonst Fratze. Und das wird teuer, kann ich Dir sagen."
Was er meinte war: Man sollte den Autoschlüssel getrennt vom Schlüsselbund halten, also solitär quasi, denn das Zündschloss ist nicht dafür ausgelegt, sonderlich viel Gewicht rumzuschaukeln. Irgendwann ist die Zündung hin. Ich erlebte dies nie, denn ich tu immer was er sagt.

Die Sucht nach Altluft trieb mich heute kurz aus dem Haus und mir fiel vor Verlassen der Wohnung auf, dass ich den Autoschlüssel am Zigarettenautomaten nicht benötige. Also hängte ich die Wohnungsschlüssel wieder ans Brett und ging.
Hm? Da stimmt doch was nicht. Dem aufmerksamen Leser wird aufgefallen sein, was mir erst auf der Treppe einfiel: mit dem Autoschlüssel komm ich hier gar nicht wieder rein. Und ich hab nur Hausschuhe an. Und ein Shirt. Und es ist gar nicht Juli.

Es ist nicht nur so, dass ich sehr vorsichtig bin, wenn es um meine Zündung geht. Ähnliche Obacht lasse ich auch walten, wenn es um meinen Frieden geht. Und aus diesem Grund haben meine Eltern, die 15 Minuten entfernt hausen, natürlich keinen Zweitschlüssel von mir. Eigentlich hat niemand einen Zweitschlüssel von mir. Nur ich selbst. Falls mal einer schlecht wird? Ich weiß es nicht.

Es ist selten gut, Nachbarn zu haben; in diesem Falle war es hilfreich. Und so nutzte ich fremder Leute Telefone, um einen Hausmeister anzurufen, den ich mal kannte. "Du musst das aufbohren! Wenn ich nen Schlüsseldienst anrufe, brauch ich nen neuen Dispokredit!" Da ich ja den Autoschlüssel in Händen hielt, holte ich den Mann mit dem Bohrer ab. Einmal angekommen, schüttelte dieser aber nur den Kopf ob der modernen Schließanlage. "Da komm ich nicht durch, keine Chance." Ich bekam kurz Panik, was mich etwas wärmte, bevor ich ihn wieder nach Hause fuhr.

Also schnell zur Mutti, denn Mutti hat Internet und ein Telefon. Denn nun hieß es: bei Mutti pennen oder den Schlüsseldienst anrufen. Oder auf dem Hof schlafen. Die erste Möglichkeit verwarf ich sofort. Sie hätte die Lösung auch nur auf später verschoben und meinen Frieden erheblich gestört. Die gelben Seiten halten so allerhand Schlüsseldienste bereit. Und sie heißen alle "A.A.A.A.A." oder "A.A.A.A.A.A.A.", scheinen also allesamt ziemliche Scheiße zu sein. Die "1.1.A.A.A.A."-Nummer wollte ich auch nicht wählen, denn mir fiel ein, was ich mal im Fernsehen las: Diese Nummern gehören Betrügern.

Weise wie ich bin, suchte ich den einzigen mit Adresse raus und rief ihn herbei, nachdem ich mir versichern ließ, dass die angegebenen 70 Euro nicht für die Anfahrt pro Reifen und zuzüglich Dienstleistung berechnet werden. Ne halbe Stunde später stand er vor der Tür und fragte: "Ist da Hund drin?". "Nein, nur Spinne", sagte ich. Das beruhigte ihn, obwohl er es sichtlich nicht verstand. Ich zweifelte etwas an meiner Handwerker-Wahl. "Hunde riechen das!", murmelte er, während er sich an der Tür zu schaffen machte. Komischer Typ. Ich sah ihn vor mir, wie er durch die offene Tür in meine Wohnung rennt, die Tür vor meine Nase schlägt und ruft: "Ist jetzt meine Wohnung! HAHAHAHA!"

Er befingerte die Tür. Sonderbar: Er nahm den etwas hervorstehenden Türspion zwischen zwei Finger und murmelte, dass DAS schonmal sehr gut sei. Was? Dass man rausgucken kann, wenn man drin ist? Kann man Türen, aus denen man rausgucken kann, besser öffnen? Oder dachte er daran, wie er mich beobachten kann, wenn ich draußen stehe und er die Wohnung übernimmt?

Er drückte hier, drücke dort, schob und klopfte sogar. "Hast Du Ausweis?" "Ja, da DRIN!" Er erzählte, dass er schon die komischsten Dinger erlebt habe, während er weiter einen persönlichen Draht zu Tür aufnahm, indem er sie überall berührte. "Man kann Klingelschilder einfach auswechseln und dann den Schlüsseldienst rufen. Dann ist man für 70 Euro beim Nachbarn drin!" Um Gottes Willen! Sind Menschen noch schlimmer als ich eh annahm?

Sein weiteres Vorgehen sah nicht sehr vielversprechend aus. Er nahm einen Draht. Nix. Er nahm ein Ding. Nix. Er rüttelte. Nix. "Gute Tür!", sagte er. Das wollte ich nicht hören. Dann endlich nahm er ein ... Schneidebrett? Es war lang nach Mittag, er wollte doch jetzt kein Brot schmieren! Nein, es sah nur so aus. Es war dünner. Er schob es zwischen Tür und Rahmen und rüttelte, dass er Putz rieselte. Das war dem Trick mit der Scheckkarte aus Filmen recht ähnlich, ich erkannte allerdings, dass Scheckkarten hier nicht geholfen hätten. Ein Schneidebrett schon. Denn die Tür sprang auf und eine wohlige Wärme strömte auf den Laubengang.

Ich nutzte sofort das neue Platzangebot und huschte in die Wohnung. Puh! Nachdem er seelenruhig sein Schneidebrett verpackt hatte und sich nochmal nach "Hund?" erkundigte, fiel sein Blick auf meine Sporttasche, auf der in riesigen Lettern "KWON" zu lesen war und aus der ein weißer Anzug lugte. "Ah! Kampfsport? Karate?" "Nein, Jiu-Jitsu." "Oh ...", er verbeugte sich demütig und lächelte ... "mein Herr ...!" "Ja, ich bin brandgefährlich!", sagte ich schnell, musste aber leider sofort lachen, weil ich mich selbst hören konnte. Doch die Gefahr schien gebannt. Ich war als erster drin und er hielt mich für einen zumindest ebenbürtigen Gegner. Ich werde beim nächsten Training die Erweiterung "Abwehr gegen Schneidebrettchen" zur Sprache bringen. Um meine freundschaftliche Haltung zu demonstrieren, zog ich kurzerhand Geldscheine aus der Tasche und gab ihm 10 Euro mehr als verlangt. "Ach so", fiel mir ein, "was hätte das denn gekostet, wenn die Tür nicht so einfach aufgegangen wäre?"
Da offenbarte er mir Wesentliches. Wenn ich abgeschlossen hätte, hätte er mit der FLEX erst so, dann so, und dann nochmal so ... und so weiter. "Mindestens 300 Euro." "Und wenn ich die Jungs mit den vielen AAAA angerufen hätte?" Das verstand er sehr gut: "Mindestens 400 Euro. Rufen sie da NIE an!"

Als er sich trollte, nahm ich den Erstschlüssel und meinen Autoschlüssel fest in die Hand, steckte beide in die Jackentasche und nahm den Zweitschlüssel aus dem Kasten, um ihn sofort bei Mama zu hinterlegen. Nachdem ich zweimal prüfte, ob ich auch alle Schlüssel in der Tasche hatte und sie nicht versehentlich in die Wohnung fallen konnten, zog ich eben diese zu. Und ich schloss ab. Zweimal.

Begegnungen, Pt. 2

Gefunden irgendwo im Netz.

Liebe

308 Zugriffe in 20 Tagen. Und das, obwohl IDs nicht doppelt gezählt werden. Und meine eigenen Aufrufe werden gar nicht gezählt.

Ich bin hoch erfreut. Danke, liebe Mitmenschen. Was im wahren Leben nie passiert, wird hier offenkundig: Irgendwer will wissen, was ich erzähl. Wahnsinn!

Das Leben der anderen

Bei 50000 (das sind vier Nullen) habe er aufgehört zu zählen, sagt er. Daher sei es auch nur eine Schätzung. Nach den Gründen gefragt, führt er seine Mama an: Sie war immer arbeiten und ließ ihn als Kind allein. Und was tut ein Kind mit 13 Jahren so ganz allein zuhaus? Es blättert in Versandhaus-Katalogen, völlig richtig. Anstatt sich aber kostenlos mit den Fotos der Unterwäschemodelle zu vergnügen, sind es die Stereo-Anlagen und Bügelautomaten, die sein Interesse wecken. Und so tut er irgendwann das Unausweichliche: er füllt einen Bestellcoupon aus. Das sei so einfach gewesen, sagt er. Dass der Haken die Bezahlung ist, sagt er, war ihm klar. Doch es heißt ja: "erst die Ware, dann das Geld!"
Die Rechnungen und Mahnungen habe er vor Mama versteckt, sagt er. Auch die Männer vom Inkasso-Unternehmen, die er im Wandschrank versteckt haben musste, wurden irgendwann teuer, vermute ich. Denn die wollen ja was essen und machen sonst Krach. Und alles würde auffliegen. Das das nicht ewig so weitergehen könne, wurde ihm irgendwann bewusst, sagt er.

Schnitt in die Gegenwart. Ein gestandener Mann mit einer wirklich nicht vom Schicksal, nur vom Akzent benachteiligten Frau und blitzgescheiten Kindern. Mein erster Gedanke: HALT! Was ist passiert, als er bei Mama ausgezogen ist? Hat er einen Nachsendeantrag gestellt? Und was wurde aus den Männern im Schrank? Und wieso nahm er die Schulden mit, die er als Kind doch gar nicht anhäufen konnte? Wir erfahren es nicht.

Was wir jedoch erfahren ist: Wer Rechnungen bekommt, kann sie einfach ignorieren. Mahnungen und Bescheide – alles Altpapier. Wer lang genug ignoriert, wird in Ruhe gelassen. Wahrscheinlich kommen gar keine Männer. Der Gipfel des Schuldenberges entschwindet in den Wolken, wo er uns egal sein kann. Aber so richtig gute Laune kommt nicht mehr auf. Irgendwie hat man immer das Gefühl, der Berg würde wachsen.

Also bestellt man Peter Zwegat. Und der bläst trotz seiner etwas tatterigen Erscheinung die Wolken hinweg, bis man staunend vor einem Bergmassiv steht, das kurz davor ist, am Mond zu kratzen. Einhunderttausend Euro sind gefragt. So geht Disco! Und das Volk sitzt vor teilfinanzierten Flachbildschirmen und freut sich, weil der eigene Schuldenberg nun nicht mehr so hoch scheint. Puh. Da geht noch was.

In dem maroden Einfamilienhaus gucken Leute plötzlich sehr sparsam. Man ist erschüttert. Die Kinder essen schon Tapetenreste und geheizt wird nur bei Minusgraden. Wie kann es dann also sein, dass immer noch so viel Minus übrig bleibt? Trotz Kindergeld! Wir lernen: Sparsam leben bringt gar nichts, wenn man die Rechnungen futtert.

Die Lösung der ganzen Misere kommt stante pede nach dem Werbeblock mit Weihnachtskreditangeboten:
Zwegat bringt 20000 Euro von den Eltern der Freundin mit. Die täten ihnen nicht sehr weh, sagen sie. Sie haben schon ne super Eckbank in der Küche. Die Kohle wird erstmal zur Renovierung genutzt, bei der auch gleich der neue Arbeitgeber mithilft, den Zwegat am gleichen Tag besorgt hat. Und von all diesen Erfolgen getrieben geht auch die arbeitslose Freundin des frischgebackenen Angestellten los und jettet ins Arbeitsamt. Dort sagt man auch ihr die Worte, die wir alle von der Arbeitsagentur kennen: "Machen Sie sich keine Sorgen!" Erste wirklich unrealistische Szene.

Es geht also voran. Doch die Sendezeit ist um. Zwegat hat auch hier eine Lösung: Wir sehen uns wieder! Bis dahin warten wir jetzt einfach ab, bis die anderen Gläubiger sich melden. Sie sahen ja im Fernsehen, dass sie wieder schreiben dürfen. Wer Jahrzehntelang reflexartig alle Post direkt in den Ausguss befördert, sieht sich hier einer Aufgabe gegenübergestellt, die viel Geduld erfordert. Wenn genügend Post vorliegt, kommt Peter wieder mit seiner Tafel vorbei und alles wird gut. Denn dann geht es hurtig in die Privatinsolvenz. Und die verspricht: Eine Weile die Füße still halten und schon gibt es alle Stereo-Anlagen portofrei ins Haus geliefert. Warum sollen wir es nicht alle wie die Banken machen?

Wir lernen:
Hau die Kohle raus! Wenn Dir wurst ist, dass Du irgendwann mal sechs Jahre lang nicht mehr verdienen darfst als dringend nötig, dann kauf halt den Fernseher! Leute, die ihr Leben lang hart arbeiten gingen, enden oft genauso. Es ist Dein Leben!

Was Du dazu brauchst:

- einen Mann mit Koffer und Anzug, der souverän mit Leuten spricht und eine Tafel hat
- genug dampfende Kacke, damit das Fernsehen kommt
- einen Spiegel, um einen wirklich guten Elendsblick zu üben
- möglichst viele Kinder, um das Elend zu erhöhen

Oft kommt sogar, wie heute gesehen, ein Heiratsantrag dabei raus. Na, wenn das nix ist!

Wie ich einmal ein platonischer Homosexueller war

Trotz Eiters im Hals und Hollandaise in der Nase zog es mich eines Versprechens wegen am Wochenende auf eine Party. Es war warm und es wurde nicht geraucht, weshalb ich heute noch lebe. Viel beeindruckender als mein Überleben indes ist, was dort geschah:

Ich lernte einen Mann kennen.

Er ist Lehrer und war viel unterhaltsamer als die anwesende Weiblichkeit. Von der Minute an, in der wir uns sahen, war alles andere Nebensache. Und wie ich hatte auch er keinen Alkohol konsumiert.
Wir redeten und lachten und saßen gemeinsam am Tisch. Ich empfahl ihm Kuchen. Wir beendeten Sätze gemeinsam. Wir führten die Gedanken des Anderen fort. Und es gab keinen anderen Mann in seinem Leben.
Wir schrieben uns kleine Zettel mit Hinweisen auf tolle Bücher und britische Fernsehserien. Und ich habe all diese Hinweise später zuhause nicht weggeworfen, sondern liebevoll recherchiert.

Und nach dieser Nacht fühle ich bittere Reue. Denn seinen Namen habe ich nicht notiert. Und so geht er hin, der Traum einer gemeinsamen Zukunft. Schlimm.

Die Single-Frau. Versuch einer Darstellung.

Diesmal wenig Worte. Klicken zum Vergrößern.


Winterweisheiten

"Im Jahr 2000 kannse in Berlin Palmen pflanzen, haben die geschrieben!"
Die Erderwärmung erreicht alle Menschen. Doch grade jetzt, zur kalten Jahreszeit, sind viele plötzlich uneins mit dem neuen Weltbild. Es schneit. Nanu? Wo ist sie hin, die Erwärmung? In Badebuchse steht man im Garten und ist frustriert.

"Ich glaub den Wissenschaftlern schon lange nicht mehr. Jetzt guck mal da raus! Da wollen die mir einen von Erwärmung erzählen!" Ich schweige und harre neuer Erkenntnisse. Welches Tagblatt den Dunst des Sprechers täglich erhellt, muss ich wohl niemandem erzählen. Die BILD vehement zu verteufeln ist genauso oll wie Nazis doof finden. Man tut es halt und erzählt es nicht dauernd.

Um das Gesagte vollends ad absurdum zu führen, fügt er an, was er auch mal las: "Das ist ja auch alles ganz normal. Es gab immer Eiszeiten. Und dann kamen wieder wärmere Zeiten. So geht das schon seit hunderten von Jahren." Ah so. Auf Pleistozän folgt also immer Sommer. Jetzt hab ich's.

Begegnungen

Es gibt sie überall, diese Paranoiden! Sie wehren sich dagegen, Ihren Namen irgendwo zu hinterlassen, auf Fotos im Internet zu erscheinen, sind weder bei StudiVZ noch bei Xing, und halten das für richtig.

Und sie haben völlig Recht.

Ich war auch mal so, bis ich dem öffentlichen Druck nicht mehr stand hielt und auch lustig Freunde sammeln wollte. Und so tummelte ich mich wie alle anderen auf diversen Seiten und war vergnügt. Ich hatte immer diese böse Ahnung, dass einem das irgendwann zuviel wird und man den Überblick verliert. Es ist wie Gruppensex ohne Verhütung und mit Eimer überm Kopf. Nur, dass man seine Visitenkarte auf jeden Körper klebt, den man da grad befingert hat. Und ein Foto. Und die Daten seines Arbeitgebers. Und die der Eltern, Großeltern und Freundesfreunde. Und sein Tagebuch. Und einen Gebiss-Abdruck. Und die befummelte Person macht alsbald Fotokopien aller Daten und klebt sie mit ihren eigenen auf den nächsten Kadaver. Also ... so KÖNNTE es sein, ich weiß es nicht. Ist ja widerlich.

Jedenfalls kam es, dass ich mit einer jungen Dame Mails schrieb. Sie bekannte sich sofort zum Business, in dem auch ich arbeite. Worauf ich heiter und unbesorgt meine Meinung zu diesen Menschen kund tun wollte (ich berichtete weiter unten). Aber halt! Im letzten Moment besann ich mich, löschte ein paar Zeilen und verkündete, dass ich gern was sagen würde, bzw. auf meinen Blog verweisen würde, dies aber lieber sein ließe. Ich hätte Bewerbungen laufen und wisse ja nicht, ob ich IHR auch schon eine geschickt hätte. Den Gedanken fand ich lustig. Denn, da hatte ich einen lichten Moment, es mag sein, dass ich da grad der Personalchefin von soundso schreibe, die vielleicht keine bösen Absichten hegt, aber sicher auch niemanden einstellen möchte, der alles Scheiße findet, was er zu tun hätte. Und in diesem Leben kommt Broterwerb vor Liebesmüh.

Wer mich und mein Leben kennt, weiß, was jetzt kommt.

Ich bekam des Abends eine Mail von ihr. Sie sagte, dass sie ehrlich sein wolle. Ich hätte völlig Recht gehabt mit meiner Vermutung. Tatsächlich hatte sie meine Bewerbung auf dem Tisch! Ich lief in rapidem Wechsel von schreiend und kichernd um den Wohnzimmertisch und entnahm mir etwas Haupthaar. Sie beruhigte mich allerdings, indem sie mir sofort mitteilte, dass sie mit der Rekrutierung der Mitarbeiter nichts am Hut habe und deshalb alles ganz unproblematisch sei. Sagte ich, dass sie mich beruhigte? Das tat sie natürlich nicht! Doch für sie schien es keine größere Angelegenheit zu sein, weshalb sie zu weiteren Themen überging. Und der Herr sei gepriesen für diesen ultimativen Test: Obwohl sie so ziemlich alles ergoogelte, was ich je im Internet hinterließ, kam sie nicht zu diesem Blog. Es wäre wohl in Ordnung gewesen, aber es ist gut zu wissen.

Und so habe ich heute viel gelernt über Dinge, die man nicht tun sollte. Das Internet ist ein sehr kleiner Ort, in dem man nichtmal ein Fahrrad braucht. Und die Dame, die hier Erwähnung fand, ist zwar schwer auf Scheibe, was die Benutzung von Suchmaschinen betrifft, aber mit etwas Glück schaffen das auch andere mit den nötigen Informationen.

Und die ultimativen Regeln lauten: Verwende niemals ein Foto im Internet, was auch Deiner Bewerbung beiliegt! Nein, so doof war ich nicht, aber Regel Nr. 2 lautet: Verwende auch nie ein Foto für diese beiden Zwecke, auf dem Du die gleichen Klamotten trägst! NIEMALS! Unterschätze nie die dunkle Seite der Suchmaschinen.

Dieser Blog bleibt bestehen. Ansonsten herrscht hier aber fortan Paranoia auf maximaler Stufe.

Gedanken zur Nacht, Pt. 3

Ihr könnt mir den Tag versüßen,
mich vorm Fernsehn knusprig grüßen!
In Schokohülle eingegossen,
könnt ihr mein Leben wandeln.
Ihr schaurig süßen Mandeln.

Doch ihr, im Hals, Ihr Arschgesichter!
Ihr ganz nah am Einfülltrichter!
Der Doktor sagt, ihr seid erzürnt,
weil's draußen regnet und auch stürmt!
Ihr könnt nen Abend schön verschandeln,
Ihr Drecksarschgeigenmandeln!
Man sollte Euch auch so behandeln!

Apostrophale Zustände

Weil ich hie und da mal gefragt werde, was "Hodis" sei, erkenne ich, dass Schreien keine Lösung ist und biete eine andere.

Hier also die Regeln für die Benutzung des Apostroph, also dem kleinen Üsselchen mit großer Wirkung. Vorher möchte ich mich allerdings deutlichst und in jeder Form von diesem Bastian Sick (man kann diesen Namen so trefflich aussprechen ... SICK!) distanzieren. Furchtbarer Hosenscheißer. Sowas hat man auf dem Schulhof verkloppt!

Jedenfalls könnte man diesen Blog "Hodi's Welt" nennen. Und alle würden es verstehen. Aber ich verkaufe hier keine Fritten und beuge mich nicht! Auch dem Duden nicht, der mittlerweile alles erlaubt, damit die PISA Ergebnisse besser aussehen.

Hier! Merken:

1. Bei Mama war es lecker. Oder: Bei Mama war's lecker.
2. Hans' Kartoffelacker. Anstatt: Hans sein Kattoffelacker oder "sein Name ist Hans Kartoffelacker"
3. Die Grimmschen Märchen. Oder: Die Grimm'schen Märchen.

4. Und jetzt mein liebster Liebling. Deswegen habe ich nur noch wenig Haare: 'nen, 'n, 'ne
"Einen" kürzt man mit 'nen ab.
"Eine" mit 'ne
Und "ein" folglich mit 'n
MAN LÄSST NUR DAS EI WEG! UND MAN DARF DAS NICHT EINFACH VERMISCHEN! ICH KAUF MIR NEN AUTO? NEIN!!!!!

Hinweis:
Schraube's Tattooshop und Willi's Werkstatt sind mittlerweile im Duden erlaubt, im Leben aber nicht! Da könnt ich die Decke rauf! Nur weil alle meinen könnten, dass das die Werkstatt von Bruce Willis ist, darf man doch nicht einfach hingehen und Striche hinmalen! Wo kommen wir denn da hin? Also heißt es nicht "Hodi's Welt", sondern "Hodis Welt". Und ich komme nicht aus Griechenland. Und ich werde es auch nicht "Die Welt des Hodi" nennen, oder "Die Welt vom Hodi"! Niemals! Mann Mann Mann.

Was reg ich mich auf.
(Darf ohne Fragezeichen daher kommen, weil rhetorisch)

Das laterale Käsebrot

Schon Nietzsche hat's gepfiffen: "Wer sich völlig gegen die Langeweile verschanzt, verschanzt sich auch gegen sich selbst."

Und nur so lässt sich auch erklären, warum man sich immer genötigt sieht, "feiern" zu gehen. Bevor ich hier weiter schreibe ... ich habe das nie verstanden, "feiern gehen". Was ist das? Leute, die feiern gehen, stehen immer rum, halten kühle Getränke warm, versuchen, die Musik schön zu finden und gehen dann ganz traurig nach Hause. Oder besoffen, was ich einfach mal mit traurig gleichsetze. Oder sie gehen gleich ins Hospital, weil für manche "feiern gehen" auch Frustabrieb durch Faustkampf bedeutet. Ist "feiern gehen" also auch ein Paradoxon? Da es mir wurst ist, breche ich diesen Gedankengang hier ab.

Jedenfalls gehen alle feiern. Oder "aus". Oder ein. Oder kaputt. Oder hin oder weg. Was auch immer. Sie tun jedenfalls was. Was sie da eigentlich tun, ist Ihnen nicht bewusst, denn das Tun als solches dient dem Zweck, allerhand nicht zu bemerken. (siehe "ich hab mich total verfahren!", oder "was mach ich hier eigentlich?") Und wenn man so richtig feiert, merkt man oft gar nichts mehr, was sich wunderbar damit beweisen lässt, dass am nächsten Tag Kopfschmerzen vorherrschen. Denn: der Geist sitzt im Kopf und nicht wie oft vermutet im Keller oder in der Flasche. Und eben der wird gern beschäftigt und wird ansonsten mürrisch und bollert mit dem Besen unter die Schädeldecke. Es liegt also nicht am alkoholbedingten Wassermangel, wie uns weisgemacht werden soll. Das Monster von Frankenstein beispielsweise hatte eine sehr flache Schädeldecke, was aufzeigt, dass hier kein Geist zugegen war. Er ging zwar auch nie feiern, aber das steht auf einem anderen Blatt.

Um unseren Geist nicht zu verärgern, gilt es also, ihn dann und wann bei Laune zu halten. Sonst entfleucht er durch's Ohr und kümmt niemals wieder. Das passiert oft, wie sich wunderbar aufzeigen lässt an: Interviews mit Fussballern, Leuten, die gern "alles was so im Radio läuft" hören, oder denen, die Hobbits gut finden. Mal testen und nachfragen: AHA! Niemals Migräne gehabt.

Das sich beständig haltende Urteil, der Geist sei mit Wissen zu füllen, indem aktiv beispielsweise die längst vergessene Kunst des Lesens ausgeübt wird, ist totaler Käse. Es wird von denen propagiert, die uns noch nie etwas Gutes zuteil werden ließen: von Lehrern und Eltern. Nebenbei: beides sind ehrbare Institutionen, scheitern aber am Menschsein. Zudem wird das Lesen oft erschwert, wenn man keinen Fernseher mit 100 Hz Technik hat. Es flimmert und ist nicht gut für die Augen. Es ist also noch nicht zu spät. Wir können noch alles erreichen!

Wie kommen wir ihm also bei, unserem Geist? Und wie schaffen wir die oft zurecht gepriesene Einheit von Geist und Physis? Wie immer macht es der Buddhist vor: er tut nichts, das aber schon sehr früh am Morgen, wo andere sich noch ihren geistreichen Büro-Job aus dem Kopf zu träumen versuchen.

Wir müssen also nichts tun. Nun, "nichts" kann man nicht tun, man tut immer was. Das Atmen sollte beibehalten werden. Das Liegen oder Sitzen ebenfalls. Ansonsten können wir alles beiseite schieben. Und schon stehen wir vor einem Problem der Definition: "Ich mach heute nix" bedeutet im Allgemeinen, dass wir mit ödem Blick "Die 10 beliebtesten Fingernägel zum Kauen" im Fernsehen verfolgen, unsere Genitalien befummeln oder am Telefon sitzen und Leute abtelefonieren, damit wir doch noch was finden, was wir tun können. Oder alles gleichzeitig.
Warum tun wir das? Um den Geist zu beschäftigen. So denken wir zumindest. Aber der hat womöglich den Besenstiel schon in der Hand. Ergo: Wir dürfen all das NICHT tun!

Und: wir leben in einer Welt, die es nicht erlaubt, nichts zu tun. Wir sind so fortschrittlich, weil Menschen beim Nichtstun kluge Dinge eingefallen sind. Und kaum war "Heureka!" ausgerufen, glotzten alle hin und sahen einen, der emsig aufschrieb, was ihm grad eingefallen war. Ok, es war Archimedes, der nackt herumlief, aber wir wollen mal nicht so sein. Also folgerte das Volk: Wer emsig ist, ist gut. Deshalb erzählen noch heute alle, was sie für einen stressigen Arbeitstag hatten, auch wenn das mal gar nicht stimmen sollte. Und schon wurde das Grundlegende übersehen: Allem voran stand das Nichtstun, und nicht das, was dann kam. Womit Gott final zum Hornochsen erklärt werden kann, denn er ist Schuld, dass erst am Sonntag Ruhe ist; und wir sehen ja, was wir nun davon haben. Das Archimedische Prinzip wurde laut Überlieferung in der Badewanne ersonnen und eben nicht auf einem ergonomisch geformten Stuhl in einem klimatisierten Büro.
Wollen wir also jemals auf dem Mars landen, müssen wir dringend und ausdauernd nichts tun. Der Geist, der irgendwann in zunächst jedem von uns einzog, ist weise, aber flüchtig. Muss er auf Bürostühlen sitzen, wird er bockig und redet kein Wort mehr (siehe auch: Arbeitsamt).

Soviel zu den Vorüberlegungen. Solltet Ihr dies hier nicht mehr lesen oder seid ihr nur hier, weil an dieser Stelle ein neuer Absatz beginnt, dann ist es zu spät. Geht feiern, es werden keine Kopfschmerzen folgen. Die anderen folgen bitte.

Ich übte mich heute wieder im Daliegen. Ein vorangegangenes Gespräch mit einer Freundin endete in Ermangelung von Lösungen und so gab man sich der Stille hin. Und wenn Ihr das jetzt komisch findet – sich der Stille hingeben – dann geht feiern, es kann Euch nichts passieren. Doch ich schweife ab. Jedenfalls stieg ich in mein Boot und dachte nichts. Ich dümpelte dahin und sah trotz offener Augen nichts Konkretes. Übrigens: Die Leute, die trotz offener Augen nichts sehen, trifft man in Innenstädten. DAS ist NICHT der anzustrebende Zustand! Obwohl er dem Loslassen des Selbst schon sehr nahe kommt. Doch ich schweife schon wieder ab. Und genau das ist der Punkt: abschweifen. Das Ruder loszulassen ist eine viel größere Leistung als eines zu schnitzen, denn Schnitzen heißt Schwitzen, und schwitzen soll man in dieser Welt. Wie komm ich nur immer auf so großartige Sachen?
Jedenfalls befand ich mich spürbar im Zustand des Gleichgewichts. Sogar der schlimme Harndrang verschwand plötzlich. Und ich traf allerhand Leute wieder, streifte kurz die menschenverachtende Welt der Anne Geddes, weil ich auf dem Sofa einer Mutter saß, die Babyfüße an der Wand hatte und dachte über Kinder nach. Und darüber, ob ich Kinder möchte und mit wem. Und kam des Reimes wegen auf Rinder und dachte drüber nach, von wem ich gern ein Rind gebraten bekäme. Und so war ich bei Viehtransporten und alsbald bei dem kürzlich gelesenen Buch, in dem erörtert wurde, dass es logisch gesehen keinerlei Rechtfertigung für das Verspeisen von Tieren gibt. Und so ging es weiter. Vom Mond bis zum Käsebrot. Laterales Denken.

Ich erwachte vom Rülpsen meines Geistes. Zufrieden und satt hing er in seinem Sessel in der Mensa des Hippocampus. Ich dachte zwar an Nilpferde und wusste nicht warum, aber ich war gelassen. Für irgendwas würde es schon gut sein. Und ich war tief zufrieden und entspannt. Und es waren fast zwei Stunden vergangen.

Und wer fragt, was denn nun das Ergebnis des ganzen Nichtstuns ist, dem kann ich eines mit Sicherheit sagen: Eventuell gar nichts. Aber manchmal kommt ein Gedanke auf und wird vom Geist fortan fleißig begossen. Und vielleicht sieht man dann irgendwen von uns nackt durch die Straße rennen und "Heureka" rufen (heute würde Archimedes vielleicht "ALTER!" rufen). Und dann können wir vielleicht auf den Mars. Oder ins Kino.


Literaturempfehlung:
Lars Svendsen, "Kleine Philosophie der Langeweile", Insel Verlag

Gedanken zur Nacht, Pt. 2

Ich schlendert' einst am Gartenzaun
Und heddert' mir den Hosensaum.
Es riss mich hin, verschissner Mist,
und platschte, weil's grad herbstlich ist.

Die Kunstfälscher kommen, Pt. 3

Nu isses weg. Keine Ahnung, wo es hin ging.

Vollmondig

Montag, November 17, 2008 by hodi aka raketenmann 0 Mal Senf dazu
Sie ist eine der gutesten und wichtigsten Personen der Welt für mich. Und sie hat einen Plan: sie will nicht mehr so raumgreifend sein.
Ihr Wille und ihr Humor sind unerschütterlich und verlangen tiefen Respekt. Und so richtig nachvollziehen können das wohl nur die, die täglich ernsthaft in tiefem Gram versinken, weil sie dick sind. Sie kann zu Recht über die meisten derer lachen und tut dies ausgiebig über sich selbst. Wer sie dafür nicht ehrt, gehört totem Rind rektal eingeführt!

Ihren Weg zur körperlichen Entschlackung teilt sie nun mit uns. Für mich ist das nur witzig, für andere vielleicht hilfreich.

Ich lobpreise Dich, liebe K.!

Wir finden sie hier:

Werbung, oder: Ich bekenne

Einst in meiner Studienzeit, es war so im dritten oder vierten Semester, wachte ich tief in der Nacht auf. Ein Nachtmahr hockte auf meiner Brust, fönte mir den Kopf heiß und sah mich mit seinen roten Augen funkelnd aus der Dunkelheit an. Er kicherte heiser, furzte kurz und hob an, wie folgt bedrohlich zu flüstern:
"Werrrrbung. ..... a ..... a ... aa aaa hahahahahaaaaa".

Die Frau zu meiner Linken schlief tief und fest. Sie murmelte kurz, knautschte sich tiefer ins Kissen und sank wieder tiefer in ihre Träume. Es war stockdunkel, nur die glühenden Augen des Wesens illuminierten das Kopfende des Bettes.

"Hm. Hhmmff. Was? Werbung? ... Wieso? Was ..." nuschelte ich schlaftrunken und versuchte vergeblich, meine Arme zu bewegen. Ich war gelähmt. Und er hockte auf meiner Brust und funkelte.
"Dddddu weißt es." klang es kehlig aus Richtung des Glühens.
"Was? Ich weiß WAS? Ich hab doch nichts ... ich ..." Ich wurde lauter, die Panik stieg an.
Ein Grollen und Donnern schwoll an, der Zwerg fing an zu zittern und zu beben und da platzte seine hässliche Fratze aus dem Dunkel hervor und brüllte mich an: "DU HAST DICH MIT DEM TEUFEL VERBÜNDEEEEEET! Du RATTEEEEE!"
Schrecksteif lag ich da, als sich sein Kopf ebenso schnell ins Dunkel zurückzog wie er heranstob. Nach einigen Sekunden sah ich zur immer noch friedlich schlummernden Gattin herüber und fragte kaum hörbar: "Aber wieso? W ... Was ... was ist mit ihr? Sie ... sie tut doch niemandem was und auch sonst ..."
"NICHT SIIIIEEEE! DU NARR! DIE WERBUNG!" brüllte es wieder und stinkender Seibel hieb mir das schweißnasse Gesicht wie Peitschen.

Dann Stille. Plötzlich.

Am nächsten Morgen butterte ich mir nachdenklich und seltsam verängstigt meinen Toast. Also es war nicht Morgen, eigentlich war es Mittag, ich war ja Student. Irgendetwas beunruhigte mich und trat ausdauernd vor das morsche Tor meiner Seele. Ich schaltete den Fernseher ein und versuchte, mich auf das Familienduell mit Werner Schulze-Erdel zu konzentrieren. "Oberhemden!" rief ich mit dem Publikum. Ich rief es laut heraus, um die innere Unruhe mundtot zu kriegen. Und ich lachte und applaudierte. Wie beiläufig horchte ich kurz nach, ob es am Tor noch pochte, doch im Hirnstamm schien alles still zu sein und so stopfte ich mir schnell und übertrieben vergnügt meinen Toast in den Mund. Haha, Oberhemden! Toll! Da hätte er aber drauf kommen können!

Und plötzlich brach es los. Die Hirnrinde kräuselte sich, der Magen wand sich und nach einem tiefen Rülpsen, das ich nicht halten konnte, schoss ein Schwall Kotze weit über den Wohnzimmertisch hinaus und klatschte aufs Laminat. Die letzen Reste Magensaft plätscherten auf den Tisch. Und ich ahnte: das war nicht die durchaus korrekte Kritik am Fernsehprogramm, das war etwas ganz anderes! Doch was? Himmel hilf! Ich zitterte, schwitzte, der Kreislauf bekam Ecken. Und wieder erbrach ich, um irgendetwas loszuwerden, was mich tief im Innern malträtierte. Doch es kam nichts mehr raus, es kam einfach nicht heraus! Oh Gott (in der Angst ruft man sogar sowas), was ist das? Und ich sah plötzlich Bilder ... ein Funkeln, rote Rückleuchten, nein es war sowas wie Augen, und ich hatte dieses Gefühl des Erstickens kürzlich gefühlt! Und da sah ich ihn vor mir, am hellichten Tage! DEN NACHTMAHR!
Das Bild war instabil, es blitzte auf und verschwand und blitzte auf und verschwand, während ich auf dem Boden kniete und immer noch würgte und nach Luft rang! Augen wie glühende Kohlen starrten aus Thomas Gottschalks verzerrtem Gesicht! Und er brüllte "IHRR WOLLT ALLE GUMMIBÄÄÄREN!!!! IHR ALLE WOLLT LUSTIGE BUNTE GUMMIBÄÄÄÄRENNN! HAAARRR HAAARRR HAAARRRR! UND IHRRR SCHICKT SIE HERRRUMMMM MIT DHL!!! AAHAHAHAHAAA!!! DAMIT ALLE SIE FRESSEN! IHR ALLE FRESST SIE! FRESST SIE AUF! LUSTIGE BUNTE BÄÄÄREN! MUAHAHAHAHA!" Und sein Mund wurde zu einem riesigen Schlund, in dem er ganze Tüten mit der Aufschrift Haribo versenkte. Um seinen Kopf schlängelten sich Lakritzschlangen und ich war wie versteinert.
Ich schrie in Panik auf! Gottschalk wich und andere Bilder huschten mir durchs neuronal völlig überforderte Oberstübchen. Frauen schrien unter Orgasmen, während sie sich das Haar einschäumten! Frösche fingen an, Lieder zu singen! Afrikanische Frauen ernteten voller Freude beste Kaffeebohnen! Autos fuhren blitzeblank durch die menschenleere Natur! Alle lachen! Sie alle lachen! Ein Heer prügelnder Alkoholiker rettete süße Orang-Utans und den ganzen restlichen Regenwald! Schöne Menschen fuhren auf Booten durch die Südsee und warfen mit Raffaelos nach Negern in rumpeligen Fischerbooten! Die stiegen plötzlich aus, hatten Pelze an und rappten um Koffer mit Eiskrem!

Und dann wurde ich bewusstlos.

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Am Abend kam die Frau nach Hause und rüttelte mich erschrocken wach. Sie hatte Tränen in den Augen und arg Angst um mich. "Was ist passiert? Was ist passiert? Sag doch was!"
Langsam konnte ich wieder klar sehen und das Sprachzentrum kam ebenfalls wieder zu sich. "Mach Dir keine Sorgen", log ich. "Es ist alles ok. Nur der Kopf tut mir ein bisschen weh. Und mir ist übel." Ich sah die langsam trocknende Kotze überall und es stank erbärmlich.
"Was ist denn passiert?", wiederholte sie sich und hielt mich fest, während sie sich umsah.
"Ich habe Dinge erkannt", weinte ich plötzlich los, "schreckliche Dinge." Und um sie nicht unnötig mehr in Sorge zu versetzen, schob ich schnell die Erklärung nach, so gut ich eben konnte:
"Ich habe mich dem Bösen verschworen, weil ich immer dachte, dass ich für Naturwissenschaften zu dumm bin". Mein Blick schweifte dabei über die tonnenschwere Literatursammlung über Wirbellose, auf die jede Bücherei stolz gewesen wäre und deren Inhalt ich rückwärts aufsagen konnte. "Ich ... ich dachte, dass ich nichts anderes kann, weißt Du, und jetzt ist es zu spät. Ich werde dafür verantwortlich sein, dass Bäume gefällt werden, um unheilige Werbeblättchen, Flugblätter, die man jetzt Flyer nennt, Plakate und Einleger und all das herzustellen. Ich werde dafür verantwortlich sein, dass Drogen so ansprechend bunt verpackt sind, dass auch Kinder sie haben wollen. Ich werde verantwortlich dafür sein, dass arme Menschen glauben, dass sie Flachbildfernseher brauchen, und dafür, dass Möbelhersteller nur noch Schrankwände bauen, in die auch nur noch Flachbildfernseher passen. Ich werde Schuld tragen, wenn unschuldige Kinder verblöden, weil sie keinen Scout-Tornister haben und deshalb Angst haben zur Schule zu gehen." Meine Seele wog schwer, doch es tat gut, alles herauszulassen. Und sie ließ mich reden.
"Ich bin schuldig, wenn Leute sich Kredite für Audis besorgen, anstatt bei ihrem Fiat zu


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bleiben. Und ich werde es sein, wegen dem Filme im Fernsehen durch Reklame unterbrochen werden, die sich tief ins Hirn gräbt und dafür sorgt, dass wir es verpassen, wenn der Film weitergeht, weil wir vor dem eiswürfelproduzierenden Luxus-Kühlschrank stehen und Exquisa auf unser Golden Toast schmieren und Cola und Fanta mitbringen und danach Milka fressen und dann furzen und rülpsen und stinken und noch mehr wollen! Oh Gott! Ich bin SCHULDIG! Schuldig, dass wir nichts geben, sondern haben wollen, weil wir Angst davor haben, nichts zu haben! Schuldig! Weil Jugendliche ihre Eltern ins Sozialamt telefonieren, weil der SMS-Guru ihnen versprach, all ihre Fragen zu beantworten! (Ok, das ist neu). Und ich bin Schuld an der

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Gewalt, die in den Köpfen keimt, weil überall Telefone nicht mehr klingeln, sondern singen und jodeln und blödeln! Schuldig am klingelnden tönenden, hirnzerfressenden Lärm, der nur aufhört, wenn wir uns in Stressless-Sessel setzen, Teekanne-Tee trinken und uns in die Welt der Saturn-Angebote dieser Woche wegträumen! In eine Welt voller Megaperls und -pixel, Gigasets und Filmen aus dem Hyperraum! UND DIE MÜSSEN LAUT SEIN! UND SIE KOMMEN AUS DER 7.1. ANLAGE FÜR 2500 EURO! DAMIT WIR DEN LÄRM NICHT HÖÖÖREEEN! KANNST DU DAS VERSTEHEN???????! Was haben wir nur getan, bevor wir den DVD-Player gekauft haben? Ich weiß es nicht mehr! Und nun haben wir jeden Samstag 200 Euro für Filme rausgeballert, von denen wir selten einen mehrmals sahen! DA HAST DU ES!"

"Aber warum sollst Du an all dem Elend Schuld sein?", fragte sie mich und hatte es noch nicht verstanden.
"Weil ich dieses Studium aufnahm! Und jetzt ist es zu spät! Ich kann es nicht hinwerfen! Ich studiere DESIGN! Design heißt übersetzt Entwurf! Und es ist der Entwurf des Untergangs der Welt! In der Sahelzone werden sie sich um unsere alten Helly Hansen Jacken prügeln! Mit Steffie-Graf-Tennisschlägern! Schon bald! Und ich muss da mitmachen, weil wir sonst nicht leben können! Ich werde dort hingehen müssen, wo der Teufel wohnt! In eine AGENTUR! Dorthin, wo die Niedertracht regiert! Ich werde dort mit denen arbeiten, die bereits assimiliert sind! Sie bekommen Hungerlöhne und Peitschenhiebe! Solange, bis sie denken, dass sie eine Familie sind, so nennen sie das! Eine inzestdurchwirkte Zombie-Bande, die um 23 Uhr Feierabend macht und dann noch easy zusammen was trinken geht, damit sie überhaupt schlafen und das alles gut finden können! AAAAHHHH"

Jetzt weinte auch

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sie. Und wir hielten uns lange im Arm.
Aber weil die Seele einen Notschalter hat, der bei zuviel Pein einfach eine Ohnmacht auslöst, versprachen wir uns, nie wieder davon zu sprechen und den Weg aller zu gehen: Nicht denken, lieb sein, Videos gucken. Doch Werner Schulze-Erdel sah ich nie wieder.



Manches hier war erfunden, vieles jedoch nicht. Ich bedaure den Verlust zweier Dinge, unter anderem den des Mutes, das Studium abzubrechen. Und so bin ich heute 31 und frage mich noch, ob es wirklich zu spät ist. Ich könnte Menschen pflegen. Oder Tiere. Oder Gärten. Ich würde dabei ebenso wenig verdienen, aber es hätte einen Sinn. Zumindest würde ich kein Unrecht tun.
Und so will ich fortan tun, was mir bleibt: so gut es geht versuchen, keinen Großkunden zu betreuen und allen jungen Menschen Folgendes mitgeben:

Design ist schön, keine Frage. Aber das sind Würfelquallen auch. Nicht anfassen! Weit weg bleiben!

Dance Fail!

Ich danke den Menschen des Fail-Blog für einen heute dringend nötigen Lacher nebst Tränenfluss und Hustenreiz.

Und da DIE es fanden und nicht ich, linke ich mal direkt dorthin und nicht zum Youtube-Video. Und da ich es auch ohne www.existenznachweis.de nie gefunden hätte, danke ich dem Butt in der gebotenen Art und Weise. 

http://failblog.org/2008/11/13/dance-fail/

Top 13!

Wie jeden Morgen schaute ich heute vor Arbeitsanbruch das tägliche Weltgeschehen durch. Mit panikdichtem Weltuntergangsanzug und Kamillen-Tee bewährt. Übrigens, wenn ich mal grade abschweifen darf: Kamillen-Tee ist ein gar köstliches Getränk und nicht nur schnöder Badewasserzusatz bei Analabszessen. Man tut ihm Unrecht. Er wirkt außen wie innen wunderbar und ist nicht für den Arsch. Doch zurück zum Eigentlichen.

Nach Spiegel-Online gehts zum Abkühlen immer zur Bildzeitung. Abkühlen deshalb, weil man sich locker drei, vier Brote schmieren kann, bis die Startseite geladen ist, da Bild sich immer prima Werbepartner sucht, deren Stuss das Laden der Seite prima zu verhindern weiß. Ich stoppte heute drei Minuten. Bis die Menuleiste kam.

Doch einmal angekommen, wurde ich der 100 besten Sänger der Welt gewahr, die der Rolling Stone sich offenbar leicht angetrunken so zusammengegrübelt hat. Zunächst: die "besten" Sänger sind wohl hier nicht gemeint. Ferner: Welche Kriterien haben da wohl gegolten, wenn ich dort Bob Marley finde? Doch wieder nur geraucht bei der Konferenz? Und, entschuldigt bitte, ihr habt sicher doll Peile vom Business, aber welcher Fliesenleger hat denn da Bob Dylan, Mick Jagger, Bono, Neil Young und KURT COBAIN unter die "besten" Sänger gemogelt? Ich will streng objektiv sein, aber eine Liste, die Kurt Cobains Gesangstalent mit dem von Whitney Houston (liebe Bild, man schreibt es so wie hier gezeigt) vergleicht, ist nicht drogenfrei erstellt worden. Übrigens ähnlich wie der Kommentar darunter, der Jon Bon Jovi fordert. Mit Axl Rose gehts munter weiter bis ich neben der ernsthaft tollen Annie Lennox tatsächlich Morrissey finde und keine Lust mehr habe, mir den Unfug reinzutun. Ich tu's aber doch und blättere weiter. Steven Tyler. Jetzt is aber Schluss hier!
Der am könnenste Sänger, der lockigste Sänger, die busigste Sängerin oder was auch immer. Alles ok. Aber die 100 "besten" Sänger? Egal.

Und so fühlte ich mich selbst gefordert, eine Liste zu erstellen. Meine Top 13, ebenso völlig frei von Objektivität, Historie und Sinn wie Verstand. Aber eben meine Liste, womit sie auch schon genug Daseinsberechtigung hat. Wobei: ich mag noch viele andere, wirklich, aber diese hier sind was ganz Besonderes!

1. Elvis, der Sänger-Sänger
Wir wollen mal alle nicht so tun – ohne Elvis und RTL 2 dürfte auch heute noch kein Sexappeal auf öffentlichen Bühnen stattfinden. Ich bin ein Mann, ja, aber nicht homophob! Der Mann ist vorn, bleibt vorn und kam damit leider nicht klar. Und Himmel, er konnte singen wie Nachbars Nachtigall. Nur tiefer halt.


2. Paul Stanley, der gelippenstiftigste Sänger
Ich lernte Paul kennen, als ich 7 war. Einen der schlimmsten Songs, die Kiss jemals geschrieben haben, der Disco-Knüller "I was made for loving you", war mein Einstieg in die Rock n Roll Welt. Selbst heute, wo ich differenzierter höre und mir Texte mit Inhalt wünsche, kommt eigentlich nichts an Paul Stanley heran. Selbst die völlig belanglose Scheiße, die Kiss später machten und noch machen, kriegt diese Stimme nicht kaputt.


3. Maynard James Keenan, der grübelpoetigste Sänger
Tool sind immer eine Reise wert. Einer Rockband, nach deren Musik Teenies in Discos autistisch rumhüpfen, messe ich erstmal keinen Wert bei. Aber Tool sind anders. Der Gesang ist nicht nur exzellent ausgeführt, ich bin auch noch innerlich ganz durchgerührt. Ich fand mal an irgendeiner Stelle im Netz ein Dokument, in dem sich ein geistig bevorteilter Fan mit den Texten einiger Tool-Platten auseinandersetzte und staunte nicht schlecht über den Inhalt beider Parteien. Zudem hat Maynard auch mit A Perfect Circle ne Nummer laufen, die in ganz anderen Sphären spielt als der übliche Ranz. Wer je "Orestes" gehört hat und mir immernoch widerspricht, dem sollen Hoden am Ohr wachsen.


4. Chris Cornell, der gescheitertste Sänger
Boach, was eine Platte! Badmotorfinger von Soundgarden! Wo Manowar einst auf einem Hügel mit Schwertern und Fell-Schlüpfern standen, befindet sich heute der Krater, den Soundgarden mit "Jesus Christ Pose" im Vorbeifliegen zurechtgebombt haben. Leck mich am Arsch! Es folgte keine Platte mehr, die so schlimm gut war. Das macht aber nix, wenn man eh außer Konkurrenz läuft. Cornells erstes Solo-Album enhielt zwar leider keinerlei Soundgarden mehr, aber diese Stimme darf sich alles erlauben. Dachte ich. Denn dann kamen Audioslave mit ihrer belanglosen Blödelklamotte. Das olle Gitarrengefiepse von Morello teilte sich die Bühne mit Cornells Gesang und der Karren war im Dreck. Wer kommt auch auf solche Ideen? Seitdem macht auch Cornell nur noch Mist. Wieder ein Held weg.


5. Peter Gabriel, der menschenrechtlichste Sänger
Zum "Mann des Friedens" gewählt, saß er schonmal mit Kofi Annan beim Kuchen und ist auch sonst recht umtriebig. Eben solche Dinge vermeiden, dass wir einen Nachfolger von der mittlerweile uralten "Up" zu hören bekommen. Doch wir wollen die Belange des Weltfriedens mal vorn anstellen. Ich sah ihn in 2004 Dortmund und will seither Kinder von ihm.


6. Alison Sudol, die schnuckeligste Sängerin
Eigentlich keine große Nummer, die Alison. Radiomusik. Aber hihihihihi, ich bin immer ganz hin und weg, wenn ich sie höre. Und dieses Video zu "Almost Lover" ... man will sie einfach in den Arm nehmen und ihr all das glauben, obwohl sie noch so klein ist. Wirklich.


7. Annie Lennox, die ohne-Worte-Sängerin
Ich hasse Hobbits! Ich hasse Hobbits! Und ich finde, dass man das nicht genügend oft sagen kann. Und als ich darbte und würgte, als der Film um die drei homosexuellen Krüppelzwerge mit dem Gesichtsausdruck des Leidens Jesu, der mich an die unsägliche Serie "Unsere kleine Farm" erinnerte, was in mir Wogen des Ekels und der Niedertracht aufwühlte, endlich vorbei war ... erklang Annie Lennox. Und sie hat alles wieder gut gemacht. Ich kannte sie vorher, keine Frage, aber hier sang sie mich zum ersten Mal sanft. Und ich war wieder bei mir. Dass sie dafür einen Oskar bekam, ist vollends gerechtfertigt.


8. Beth Gibbons, die suizidalisierenste Sängerin
Nachdem ich sie erst recht enttäuschend fand, läuft die neue Portishead-Scheibe bei mir regelrecht rund. Und auch Beth mag ich immer in den Arm nehmen, so wie Alison, aber ich glaube, dass Beth nach Kippen und Alkohol riecht. Ich weiß auch nicht warum. Man riecht so, wenn man sowas so singt. Man ist nicht gut drauf. Man kann nicht mehr. Mein Anspieltip ist "Hunter", von der aktuellen Third, weil bislang nichts so echt nach der Angst und Verwirrung klingt, die Hoffnung listig vorweg schickt. Finster zwar. Aber es klingt dennoch äußerst schönmundig.


9. Jello Biafra, der punkrettenste Sänger
Chickenshit conformist like your parents! Wer Punker so beschimpft, weiß, wovon er spricht. Ich muss es ihm einfach glauben, weil ich Punk ansonsten sehr blöd finde. Mit den Dead Kennedys ist es ähnlich wie mit Kiss ... ich lernte sie kenne, bevor ich 10 wurde. Und ich liebe sie noch heute. Ein Sozialkritiker meiner ersten Stunden und ganz gewiss ein schlimmer Verschwörungstheoretiker. Aber auch einer, der ordentlich singt! Also ... im Rahmen des Punk. Da gibts ja sonst nur Bad Religion-Imitate oder diesen Tote-Hosen-Rock-Quark. Oder kompletten Schrott, der sich grade deshalb gut findet. Selbst The Exploited machten irgendwann Metal, als sie spielen lernten. Ich hab keinen Dunst, wovon ich schreibe? Natürlich nicht!


10. Kirk Windstein, der dicktraurigste Sänger
Crowbar heißt Brechstange und klingt genauso. Es geht die Geschichte um, dass der Frontmann von Paradise Lost mal durch die Bühnenbretter fiel, nachdem Crowbar als Vorband das Parkett schlappgestampft haben. Ob es stimmt, weiß ich nicht, aber man glaubt es, wenn man Crowbar hört. Man will eigentlich immer gleich weinen, wenn man Kirk singen hört. So ein dicker großer Mann mit Glatze, dem eigentlich der Darm platzen müsste, wenn er seinen Gesang von ganz unten hochwürgt. Aber dennoch ist er so schaurig traurig und man glaubt auch ihm alles, was er jammert. Also ich zumindest. Wer so aussieht hat wenig Spaß. "Existence is punishment"!


11. Björk, die eigenstimmlichste Sängerin
Ja, hm ... komische Musik irgendwie. Und ne ganz komische Frau. Ich nehm zudem viel zu wenig Halluzinogene ein, um ihre Videos zu begreifen. Aber sie singt doch sehr toll. Also nicht gut, aber toll. Ich weiß nicht mehr, wie der Film hieß, in dem ich sie mal sah (bin für Aufklärung dankbar). Sie spielte dort eine Frau, die erhängt werden sollte. Und sie spielte die Angst dermaßen gut, dass ich mich fast bekotzt hätte. Und das ist kein Scheiß jetzt.


12. Dani Filth, der ohrensausendste Sänger
Man kann über Cradle of Filth sagen was man will. Sie waren einfach mal gut. Und das nicht nur, weil der Sänger so großartig wie kleinwüchsig ist. Mit Cradles erster Platte hat Dani den ganzen Black Metal Fuzzis kurzerhand gezeigt, wie es wirklich klingt, wenn der Tod fröstelnd aus dem Grabe fährt. Und dass nicht alle anderen Panda-Rocker sofort die Koffer gepackt haben, um wieder Poolboy oder Blumenhändler zu sein, zeugt von ihrem Selbstbewusstsein. Aber Dani übte ja noch. Auf "Dusk ... and her embrace" konnte ers dann wirklich besser als er selbst und es war erschütternd schön. Ich durfte erleben, wie er seinen Gesangsstil knapp über zwei Stunden live durchzog, ohne zwischendurch Kalk zu knabbern und war beeindruckt. Meine Ohren nicht so. Ein Ausnahmetalent. Und ich würde das gern mal nem HNO-Arzt vorstellen, der mir dann erklärt, wie man sowas aus Stimmbändern rausbekommt. Leider bin ich nicht mehr so ein BlackMetal-Freund und die folgenden Alben gewannen auch mehr und mehr an Bedeutungslosigkeit.


13. Tom Araya, der rettendste Sänger
Wie kann eine Band wie Slayer über gefühlte 9000 Jahre auf dem Gipfel der harten Musik stehen bleiben? Und wie kommen sie überhaupt da hin? Die Songs sind ein schrecklicher Einheitsbrei aus Lärm und ideenfreien Gitarren-Riffs. Der Trommler (oder die Trommler) muss eigentlich immer nur untenrum Gas machen, weshalb Dave Lombardo einer der am schlimmsten überschätzten Menschen des Kosmos ist, und die Soli klingen ALLE, als würde man eine verstimmte Gitarre kilometerlange Kellertreppen runterwerfen. Ihnen kommt zugute, dass sie sich selbst nicht sehr ernst nehmen. Aber ansonsten ... völliger Unfug, diese Musik. Wie hält man sich also oben? Der Tom macht's. Er kann es einfach. Er singt nicht, er schreit nicht, er brüllt auch nicht. Es ist irgendwas dazwischen und jedem anderen würde man vorwerfen, dass es nix Halbes und nic Ganzes ist. Aber Tom kann das. Und es klingt gut. Und deshalb kann man sich Slayer ne Stunde lang anhören. Aber dann ist echt gut.


So, jetzt ist mal echt gut.

Offener Brief an den Weihnachtsmann

Lieber Weihnachtsmann,

zum diesjährigen Christenfest wünsche ich mir einen neuen Job. Ich habe hart dafür gearbeitet und sogar schon angefangen, Bewerbungen rauszuschicken, die sich lesen lassen können.  Zudem: Ich habe Dich immer geachtet, Dich und Deine Frau, das Christkind. Ich hinterfragte nie, warum sie immer noch ein Kind ist und Du vielleicht pädophil. Und auch nicht, warum das Christkind nicht Jesus ist, sondern ein fescher blonder Engel mit Geschenkesack. Oder ob sie mit dem Namen eher die Tochter von Jesus ist, obwohl doch alle abstreiten, dass er sowas je tat, wo Kinder bei rauskommen. Ich will das alles nicht wissen, nein. Mach mal, wie Du meinst. Bist alt genug.

Aber bring mir doch bitte den Job, um den ich mich redlich mühen will. Heute habe ich mich unter Anderem bei einer Firma beworben, die lustige kleine Geschenke macht. So wie Du auch. So Plüschtiere mit lustigen Gesichtern, Karten mit liebevollen Sprüchen und all das Zeug. Sowas ist gut für die Menschen, und in meinem Berufszweig tut man selten Gutes. Man tut eher Böses. Man will den Konsum steigern, was den Staat nach vorne bringt, den Menschen aber nach hinten. Ich will da helfen. Die Menschen müssen mehr kuscheln. 

Und ich war immer ein guter Junge, echt jetzt.

Top-Terror in Deutschland!

Deutschlandweit wurden vergangene Woche an den Briefzentren der Post mit psychodestruktiven Substanzen verunreinigte Sendungen gefunden. "Viele davon werden ihren Empfänger bereits erreicht haben", so ein Sprecher. Mediziner fürchten das Schlimmste: "Es ist durchaus denkbar, dass diese sinistre Mischung aus vielen nebulösen Substanzen direkt über die Nasenschleimhaut ins Blut gelangt. Und von dort ist das Hirn nicht weit. Die Bluthirnschranke denkt nicht mit und winkt einfach alles durch." Nur Alkohol scheine die Wirkung zu dämpfen, denn alle Mitarbeiter der Briefzentren sind wohlauf.

Erste Anzeichen einer nahenden Katastrophe gab es vielleicht schon nur zwei Tage später beim Krisengipfel der deutschen Automobilhersteller. Ob wirklich diese Substanzen im Spiel waren, deren Zusammensetzung immer noch nicht offenbar ist, lässt sich vorerst nicht klären. Doch das Video der Überwachungskamera des Sitzungsaales in München zeigt Verheerendes. Schon Minuten später waren alle tot.

Sehen Sie selbst.
http://de.youtube.com/watch?v=uiKIlwNVElY

Die Kunstfälscher kommen, Pt. 2

Es steht echt immer noch da. Faszinierend.

Die Kunstfälscher kommen

Ich wohne in einem Haus mit vielen anderen Leuten. Es ist nicht hoch, aber man würde es wohl Hochhaus nennen. Mitmenschen sind manchmal komisch, Mitmieter schlagen aber bisweilen alles. Und wer viele davon hat, wundert sich des Öfteren sehr. Davon handelt meine heutige Geschichte.

Es passiert dann und wann, dass eine mir leider unbekannte Person Bilder in den Hausflur stellt, die der Erquickung aller dienen sollen. Diesen Rembrandschen Pinselwerken mit sehr souveränem Duktus haftet dann oft ein Zettel an: "Wenn Ihnen gefällt, nehmen Sie!"

Und so stand heute wieder eines von diesen Dingen im Eingang. Diesmal ein hochwertiger Kunstdruck aus dem Hause Alete. Das Sujet: Ein Baum auf einem weiten Feld im Spätsommer. Unter eben diesem finden wir ein traumhaftes Kinderbettchen, umringt von allerhand bunten Blumen, die freudig die Blüten recken, um einen Blick vom Kinde zu erhaschen.

Ich weiß: das wird sich niemand, der klaren Geistes ist, an die Wand pappen. Und weiterhin frage ich mich, warum ich kein Geld mit Malerei verdiene. Und doch ist es schade, denn die Unbekannte hat sich ja durchaus Gedanken gemacht und möchte Freude schenken. Und obwohl heute kein Zettel beiliegt, der mir die Mitnahme erlaubt, nehme ich es an mich, denn es steht ja schließlich herrenlos da rum. Ich gebs ja zurück, keine Sorge.
Denn WEIL ich weiß, dass es in diesem Zustand nunmal Unrat ist, will ich helfen und es schöner machen. Mir kommt auch prompt die rechte Idee herbei und Pinsel wie Farben sind hier immer vorrätig.

Eigentlich fehlte auch nicht viel. Und so hab ich's nach sorgsamer Überarbeitung wieder in den Hausflur gestellt. Obwohl ich's jetzt selbst ganz schön finde. Mal sehen, ob es morgen noch da ist. Herrje, die freuen sich bestimmt!




Windowcolor

Man sagt, Sportler hätten ihre Körper unter Kontrolle. Und oft werden grade die für ihre Körperkontrolle benitten, die sehr aktiv und seit vielen vielen Jahren einen Kampfsport betreiben. Messerscharfe Handkanten zischen durch die Luft und Fußtritte detonieren punktgenau an Stellen, wo unsportliche Menschen niemals Füße vermuten würden. 

Wer allerdings wie ich heute Zeuge wird, wie der Säc seine Wände strich, wird bitter enttäuscht. Da ist nichts übrig von Kontrolle und Eleganz. Man denkt zwangsläufig an eine völlig fehlgeplante Panzeroffensive mit Farbgeschossen. Farbe zischte durch die Luft und Klekse detonierten an Stellen, an denen ich Farbe nie vermutet hätte.

Wer jemals gesehen hat, wie jemand sogar die Fensterrahmen mitstreicht, ohne es zu bemerken, der weiß alsbald: Gewalt ist keine Lösung. Wasser höhlt den Stein.  

Zazen!

Der Kaffeemann


Es gibt Dinge, die halten einen von allem ab, was wichtig ist. Von Arbeit, Sport und Spiel. Von Mitmenschen, Stuhlgang und vom Sonnenlicht. Seit ich denken kann, ist es bei mir das Malen, Krickeln und Beschmieren. Und das ist gut so.

Und so lief ich gestern beim Stöbern in alten Skizzenbüchern dem Kaffeemann über den Weg und freute mich wie oll. Seine mir bekannte Geschichte ist kurz erzählt: Er war jeck auf meine damalige Freundin, die hinter der Theke einer hier ungenannten Diskothek allerhand Genussmittel zum Verkauf anbot. Und wenn man jemanden so richtig gut findet, dann will man dessen Nähe erfahren. Bei Thekenfrauen ist das simpel; es kostet zwar Eintritt, aber da man Kunde ist, müssen alle nett zu einem sein. Und so saß er pünktlich jeden Feier-, Frei- und Samstag an der Bar. Und weil das auf die Dauer trotz schöner Aussicht doch öde wird, und man ja auch mal mit wem sprechen möchte, gabs nur eines zu tun für ihn: Kaffee ordern bis die Birne raucht. Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Und sei es auch nur Kaffee trinken.

Ich gebe zu: so richtig zum Kichern fand ich das nicht immer, aber man kann ja nicht einfach Leute hauen, die einen nerven. Zudem bin ich sehr gewaltfrei veranlagt und das mit dem Kampfsport war damals auch noch nicht so wie heute.

Daher nahm ich die Waffen, die der liebe Gott und mein Zeichenprofessor, der so aussieht wie der liebe Gott, mir mitgaben, als sie mich entließen: einen Bleistift und Papier!
Er hats natürlich irgendwann gemerkt, und für Nachahmer sei folgendes angemerkt: Ich habe ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu einigen der Türsteher. Es musste hier nicht genutzt werden, aber ich weiß ja nicht, wer Euer Kaffeemann ist.

Abschließend stelle ich fest: nur wenn die Frau freiwillig sitzen bleibt und selber Kaffee trinkt, wird's wirklich hübsch.

Es folgen die Schritte der weiteren Ausarbeitung, wenn ich dazu komme.


Endlich wieder lachen


Liebe Eltern,

habt Ihr auch die Schnauze voll von den immer mies gelaunten Drecksgören, die sich bei Euch zuhause tummeln? Immer lange Fressen, immer keine Lust, immer alles Scheiße! Das muss nicht sein!

Täglich ein paar Minuten mit dem "Beauty Smile Trainer" üben und es hagelt gute Laune! Und es ist so einfach: Lippen auseinander und rein damit!

Der Wahnsinn: Anwendbar für bis zu zwei Teenager oder als Mutter-Kind-Behandlung! Ein befriedigendes Erlebnis für alle.


Danke, C.!

Liebe ist ...






Liebe ist ...
Wenn man nach 12 Jahren des Zusammenlebens immer noch jedes Mal gespannt dabei zusieht, wenn sie sich stundenlang umzieht. Wie schön sie ist. Toll.

Wie ich einst die Froschfrau traf

Wunderbar! Ein Violinen-Konzert in einer Kirche ist nur durch ein Klavier-Konzert in einer Kirche zu schlagen. Was allerdings jedes Klavier-Konzert lang schlägt, sind vier Violinen in vier den vier Ecken der Kirche! Man nennt dies wohl Quadrophonie, wenn ich mich recht entsinne, und es schickt jedes Stereo-Erlebnis müde lächelnd in die Ferien. Die Musiker nennt man Violet Quartet. Zumindest, wenn sie Musik machen.
 
Die Zuhörer lagern in der Mitte. Auf Stühlen, Decken oder Kissen - und das Schönste ist: ich muss dem intimen Treiben nicht beiwohnen, weil ich den Auftrag habe, das Ganze filmisch festzuhalten und deshalb hübsch am Rand bleibe. 

Der ältere Herr, den ich inmitten des kuscheligen Gelages zusehen darf, wirkt dort einigermaßen fremdartig und scheint sich auch genauso zu fühlen. Im Laufe des Abends wird er sich indes dran gewöhnen und ich gönne ihm von Herzen diese Abwechslung. Den Plan finde ich aber großartig und die Musik habe ich an diesem Abend noch vorbestellt (weil sie noch nicht zu erwerben war). Es weiß ja niemand mehr, dass Keyboards klassische Instrumente imitieren und nicht andersrum.

Heute lerne ich allerdings, dass es nicht nur toller klingt, wenn klassische Instrumente von klassischen Instrumenten vorgetragen werden, sondern auch, dass Synthie-Sounds aus klassischen Instrumenten so ziemlich alles wegbomben, was ein Synthie so zustande bringt. Und so stelle ich die Kamera zwischendurch mal auf Durchzug und lass mich ein Stück mitnehmen, indem ich die Augen schließe.
Ich treffe das beängstigende Gewaber und die weiten Klänge von Pink Floyd, die tonale Gewalt von Peter Gabriel und feine perkussive Einlagen, die ich ganz sicher von Geigen nicht erwartet hätte. Und ganz bestimmt traf ich noch mehr, aber ich kenn ja nicht so viel. Dichte Kompositionen, mit technischer Brillanz vorgetragen. Ein Fest fürs Ohr. Die Kuschelmeute ist tatsächlich still und lauscht andächtig. Kaum eine Welle wellt den See aus Liegenden und Sitzenden. Und alle halten still. Sogar die Kinder. Schön. Still. Still.

Doch was ist das? Eine Frau am Ende ihrer 30er mit teilgeflochtenem blondem Stroh-Haar, gebatiktem Rock-Imitat und diesem gewissen "Ich liebe alles"-Blick liegt barfuß, in der Menge. Ich werde auf sie aufmerksam, weil sie ihre Hände gen Decke streckt und in emsiger Kurvenfahrt die bunten Bilder einfangen will, die sie zu sehen scheint. Sie ist kurz davor, ich weiß es! Sie wird es nicht lassen können. Und kurz bevor ich bei "3" angekommen bin, steht sie auch schon auf und reißt ein klaffendes Loch in den Teppich aus Frieden, den uns allen hier diese Musik sanft über die Köpfe legt. Und sie tut, was sie tun muss. Sie tanzt. Sie tanzt wirbel- und würdelos, wie es nur die können, die täglich Castaneda-Bücher rauchen und mit gekochten Eiern reden. Weil sie aber leider so ein rückgratloses Geschöpf Gottes ist, das jedem Aal die Scham ins Gesicht treiben würde, und sie deshalb nichts dabei findet, mit ihrem Gehampel dem ein oder anderen Menschenkind den Genuss zu vergellen, zerbricht sie dabei nicht. Sie durchstreift federleicht den Raum und kommt, wer hätte es nicht schon erwartet, neben mir zum Stillstand. Wenn Scheiße magnetisch ist, bin ich aus Blech. Ihren seligen Blick, der nach Aufmerksamkeit brüllt, möchte ich gern mit dem schweren Stativ an die Kirchenwand nageln, doch ich will nicht auch noch stören. Ich muss ja auch arbeiten hier.

Und so hockt sie sich neben mich. Sie hat ihren Restgeist freigetanzt, auf dass er durch's Fenster entweiche und in den Wetterhahn fährt, der jetzt quietscht. Sie kniet breitbeinig, ihre Füße zeigen nach außen und ihr Beckenboden schleift feucht das Parkett, auf dem ich vor Beginn noch Tee verplemperte. Sie ist angekommen im Froschhimmel. Dort, am güldnen Dümpel-Tümpel, wo alle ganz frei, ganz Mensch sind. Und ich hoffe so sehr, dass sie dort bleiben möge. In Ewigkeit. Amen.

Fuck you, I won't do what you tell me!

Manchmal muss es sein. Disko. Und um dem Hirn nicht finale Schäden zuzufügen, wählt ein weiser Mann eine Bude, die Rockmusik zelebriert und eben nicht den völlig seelenlosen Quark, der allerorts unsere Oberstübchen weich machen soll, damit wir Pafömm oder Haargel kaufen.

Und da ich einerseits zu schüchtern bin, um frei zu tanzen, andererseits Musik aber auch nie meinen Tanzfuß weckte, stehe ich rücklings an der Bar und beschaue das Treiben.
Es ist mein tiefer Glaube, dass klassische Musik und das, was man gemeinhin als nicht radiotaugliche Rockmusik anerkennt, den Geist bildet. Es ist auch mein tiefer Glaube, dass alles andere an Musik den Geist zermürbt, doch ich will den Rahmen respektieren.

"Cut my life into pieces, this is my last resort!" brüllen alle und heben die Faust zur Gegenwehr. "Was heißt resort?", frage ich, weil ichs grad echt nicht weiß. "Keine Ahnung, aber es ist ein cooles Lied!" Ich kann nicht anders und denke an Massen, die Dinge riefen, ohne zu ahnen, was dann kam. Und ich weiß genau, dass ich hier übertreibe. Die Rechtfertigung: man sei hier, um Spaß zu haben. "Ich ... ich ... aaahhh ... ich kann nicht! Der Kopf! ... er ist immer an ... ich kann ... aaahhhh ... ich muss denken ... ich BIN ... und stehe hier und kann nicht anders!"

Während ich mir die Schläfen reibe, stehen junge Männer rum, die Bier trinken, sich in den Armen halten und völlig falsche Vokabeln zum gebotenen Liedgut gröhlen. Sie lieben es! Sie leben! Und sie lachen. Ich nicht so.

Eine junge Dame fällt mir auf. Ich sehe zunächst nur ihr Gesicht, bin erquickt und abgelenkt vom Blödsinn um mich herum. Doch sie trägt einen Nietengurt um ihre Jeans. Und sie hat Nietenarmbänder. Und eine wirklich schlecht gestochene Armband-Tribal-Tätowierung um den Oberarm. Und weil sie sonst offenbar nicht so ist, was ein Tribal immer beweist, da es das Sinnbild derer ist, die sich nie Gedanken darüber machen, was sie tun, stecken ihre Beine nicht in schwarzen Lackstiefeln, die hier die Individualität aller unterstreichen, sondern in gefütterten braunen Deichmann-Botten, die im Winter sicherlich gesünder sind als hier in dieser Hitze. Wenn ich wenigstens Alkohol trinken wollen würde! Sie spielt Heavy-Metal-Fan. Es wirkt wie Karneval, nur schlimmer. Aber es fällt sonst niemandem auf.

Der DJ spielt Tools "Schism". Der Song, der mir auch nach Jahren des Hörens und trotz all dieser Teenager noch jedes Mal sehr nahe geht. Ein 3/4 Takt macht vielen schon Probleme. Wenn zudem noch ein Achtel fehlt, geht dem Polkafreund allerdings völlig der Schuh flattern. An dieser Stelle kommt dann auch bei mir ein gewisses Amusement zum Tragen, wenn ich die Tanzenden betrachte, die die "1" suchen. Doch sie sind alle zum Spaß haben hier. Und heben die Faust!
Die Faust? JA WEISS DENN NIEMAND HIER, DASS HIER KEINE FAUST ANGEBRACHT IST? WEISS DENN NIEMAND, WORUM ES GEHT? Nein, aber sie haben alle Spaß. Alle? Ich fühle mich wie ein gallisches Dorf inmitten von Böhmen. Und alle treckern mir durch die Saat und singen dabei Worte, die es nie geben wird.

Rage against the machine. "Fuck you, I won't do what you tell me!" brüllen zwei, die definitiv ansonsten entweder am Schalter einer Bank arbeiten oder Versicherungen vertreten. Vom Rest oder gar vom Inhalt wissen sie nichts. Aber das macht nichts, denn sie brüllen nur einmal die Woche und es löst sie vom inneren Gram und der Zeit unter Mama. Sie folgen, weil es grad so gut tut. Und dafür ist ja Musik auch da. Sie soll heilen. Den Schreiber und den Hörer. Und dennoch ist es ein tragisches Bild, was die zwei da bieten. Was uns unterschiedet, ist die Tatsache, dass ich weiß, worums da geht. Und der Fakt, dass die beiden glücklich und geschafft ins Bett fallen, während ich dies hier schreibe und mich frage, ob es Sinn ergibt, wenn etwas einfach keinen Sinn ergibt.

Morgen werde ich Pocupine Trees "Arriving somewhere but never here" im Auto hören. Oder Henry Rollins' "Liar". Oder Bad Religions "Struck a nerve". Vielleicht auch "The Rip" von Portishead. Definitiv aber Opeths "Hours of Wealth". Hab ich Peter Gabriels "Signal to Noise" erwähnt? Ich werd es verstehen wie ich es für richtig erachte und dabei über die Worte grübeln. Und auf der Spur zur Linken fahren zwei vorbei, die "dfschhhh dfschhhh öööööörrrrrrrrgggggggg fuck fuck hell yeah dfschhh dadadadada fuck you!" singen und sich dabei doll freuen, bevors bei Oma Kuchen gibt.

Manche mögen das "doof" nennen. Ich nenne es evolutionärer Vorteil.

Eine Bekannte sagte mir: "Du musst mal locker sein und Party machen! Dann stehen die Frauen auf Dich!". Wenn's darum mal ginge. Wenn Benedikt XVI. eines Tages Slayers "Disciple" vom Kirchturm brüllt, mach ich's. Versprochen.

Gedanken zur Nacht

Heute Nacht mag ich mal träumen.
Anders als wie sonst.
Träumen wie ich sanft vergeh,
und als Waschbär aufersteh.

Ein kleiner Kerl, so lustig lieb.
Putzig kleiner Apfeldieb.
Popowackelnd schnuffel ich
durchs Gras, und alle mögen mich.

Dem Rest der Welt, dem bin ich schnuppe,
und's ist mir völlig gleich.
Obama, Armut, Zuckerpuppe;
ich seh mich selbst im Teich.

Ich kleiner Wutz mit schwarzer Brille
und weiß beringtem Wuschelschwanz,
ich leb am Wald und harr der Dinge.
Mein Name wär Wacholderfranz.


Ich hasse Euch alle!

Man darf das Wort nicht sagen ... "Hass". Das klingt immer so apokalyptisch, und die Worte, die uns so zur Verfügung stehen sind eh derart abgefingert und rundgelutscht, dass ein Terrorist mittlerweile ohne die Vorsilbe "Top" auch niemand mehr ist. Mal gucken, was so kommt, wenn "Top" auch nicht mehr genügt, um das Superlativ-Tennis spannend zu halten. Obertop oder so. Nee, muss ja alles jeck nach international klingen ... also hypertop. Seis drum. Ich bevorzuge eh den Schnellkochtop. Und die Gemüsesuppe meines Vaters würde so manchen Topterroristen auch etwas sanfter stimmen.

Dem Unerfahrenen seis erzählt: Es gibt Bilddatenbanken im Internet, auf denen man sich flugs das ein oder andere schlecht geschossene Foto runterkaufen kann, wenn man mal keinen Querschnitt durch nen Koolibri zur Hand hat. Muss ja alles schnell gehen heute, und bis so ein Tier mal gefangen ist, ... furchtbar. Es macht auch ohne Ende Dreck.

Jedenfalls stand ich vor der Aufgabe, einen Kunden mit Fotos von Menschen zu beglücken, die:
1. nicht in die Kamera sehen,
2. nicht grenzdebil grinsen,
3. so mitteljung sind und
4. gruppendynamisch auftreten.

Und nach einer halben Stunde und einer eingehenden Überprüfung meiner Gefühle samt Infragestellung derer war klar: Ich darf Euch alle hassen!

Überall frische, schöne Menschen, vom Leben ungezeichnet, die sich offenbar den ganzen Monat die Zähne geputzt haben, bis es einem die Netzhaut zerdellt. Und alle sind glücklich! Sie arbeiten und lachen dabei. Sie nehmen den Scheff in den Arm und er lacht dabei. Er freut sich über seine Azubis und bringt ihnen Getränke mit Schirmchen. Sie sind schön. Sie sind erfolgreich. Und sie haben dennoch Freude. Tiefe Daseinsfreude, gepaart mit den weißesten Zähnen seit Gott den Schmelz ersann. Und vollem Haar.
Es ist zum Davonlaufen! Junge Menschen, frei geboren, um den Geist zu füllen. Aber sie grinsen einfach nur und sind schön. Und es ist so erhebend, ein Glas Milch zu halten, den Abfall zu essen oder mit der Nachbarskatze im Enddarm auf dem Tisch zu tanzen. Die Welt ist schön. Morgen gehe ich raus und grinse den ganzen Tag und Fremde werden mich umarmen, und ich nehme ihren Müll mit. Und Dienstag, wenn der Trainer mich wieder durch die Bude hetzt als wolle er meinen Tod verschulden, schwitze ich nicht. Nein, ich lache! Jahaaaa! Ich lache! Ich lache mich tot! Und dann bring ich Euch alle um!

Aber die Werbung will solche Bilder. Mit Realität verkauft man nix. Höchstens mal ne Mitgliedschaft im Behinderten-Bedauern. Aber ein iPod ist so viel erquickender als Hungerhilfe. Niemand braucht ein Auto, um irgendwo hinzufahren. Und Haare Waschen kann man auch mit Duschgel (mal ausprobieren!). Aber wir müssen auch so froh werden, wie diese Menschen. Und das geht nur mit Vileda.

Ich kann Internet

Früher war das einfach. Man schrieb "Bewerbung" drüber, sagte "Damen und Herren" zum Ansprechpartner, log sich einen zusammen, warum man grade diese und keine andere Firma mit täglicher Arbeit selbstlos unterstützen will, pappte eines dieser unsäglichen Fotos bei, die ein lustloser Fotograf zwischen Klo und Feierabend hinschoss und legte noch ne Zeugniskopie dazu. Fertig war die Katz.

Heute muss ich "Mappen" schicken. Und möglichst per Mail, denn niemand hat mehr Zeit, einen Briefumschlag zu öffnen. Und niemand hat zudem das Geld, den ganzen Unfug hübsch drucken zu lassen, den man da so angesammelt hat. Was tut man also, wenn man mitdenkt? Man haut's ins Internet. "Hier, klicken Sie! Der Wahnsinn!"

Bei mir ist das mit dem Internet ungefähr so wie mit dem Fotografen und den Passfotos: ich kanns einfach nicht. Es sieht richtig aus, funktioniert aber nirgends. Und so klob ich nun eine Woche Tag und Nacht am Rechner und nervte Menschen, die Internet können. Ich rufe hiermit aus: Ich schrob HTML! Ich schrob Javascript! Und CSS und all den Mist. Und nun funktioniert alles! HAHAHAHA!

Natürlich nur bei mir. Andere Rechner, andere Sitten. Und Windows ist immer noch weit verbreitet, in meinem Heim aber verboten. Nun such ich mir Arbeitgeber, packe meinen Rechner in einen Karton und schicke ihn hin. So können sie sich prima die fertige Webseite ansehen, die so aussieht, wie ich es beabsichtigte.

Und da ich diesen Blog weit weg halte von meinem Restleben, werde ich hier natürlich nix verlinken. Da wär ich ja schön bescheuert.

Eiapopeia mit Negern

Es ist gut, weil er schwarz ist. Wobei er eigentlich braun ist. Und, weil er nicht Bush ist. Es ist auch gut, dass unsere Scheffin eine Frau ist. Und mehr isses dann auch nicht. Aber auch nicht weniger.

Ich frage mich derweil, wann ich anfangen darf, sein Grinsen zu hassen. So langsam würde ich gern, denn ich muss es seit Wochen täglich sehen. Aber darf man das Grinsen eines Schwarzen überhaupt hassen? Und darf man "schwarz" sagen? Man darf ja auch "Jude" nicht sagen, oder?

Fest steht: noch tut sich gar nix. Und ob sich im Januar was tut, ist doch eher fraglich. Ein neues Gesicht halt. Aber man will halt nicht immer reinschlagen. Ist ja auch schonmal was.

Bush wünscht ihm "viel Spaß" beim Herrschen. Dass der Präsident nur das Püppchen ganz anderer Leute ist, wollen wir dieserorts verdrängen. Und er kauft nun einen Hund, weil ein Präsident nunmal einen Hund haben muss. Bushs Hund war schwarz. Muss Obamas Hund weiß sein? Und ist das nicht alles ein total furchtbarer Stuss? In der Tat.

Nachtrag: Nach einigen Mails will ich hinzufügen, dass Obamas Ernennung natürlich großartig ist und ich mich sehr freue, was hier so recht nicht durchkam. Doch warten wir erstmal ab.

"Kirche prangert Gewinnsucht der Banken an"

Stand heute in der Zeitung.
Ey, ihr habt sie doch echt nicht alle, oder? Ist's Euren Hirnen zu warm unter Euren Samthäubchen oder geht der Sauerstoff aus unterm Puder?

Stellt doch mal die Butze Eures gottgewählten Imperators samt Vorgarten bei ebay rein. Für den Erlös könnt Ihr ganz Afrika fliesen lassen und es den ganzen Tag per Löschflugzeug regnen lassen. Aber mit Weihwasser!

Der heilige Bimmbamm hat wieder was zu erzählen. Stand vorgestern in der Zeitung. Da kann man doch mal wieder was politisch korrektes verlauten lassen. Gib mal ein Statement raus! Gibt immer welche, die dann gern was in die Kollekte werfen. Für neue Hütchen. Oder Kringelstäbchen zum Schafe hüten. Aber es gibt ja genug Schafe. Alles voll davon. Ätzend.

Affenbande da.

Die lügen doch eh alle!

"Sag mal ... wen würdest Du denn wählen?", frag ich meine Nachbarin beim abendlichen Pläuschchen, während RTL grade damit begonnen hat "wir können noch nichts sagen" auf sechs Stunden aufzublasen.

"Mich interessiert das alles nicht! Die lügen doch eh alle!", erhebt sie kurz und lustlos, wenn auch etwas aggressiv die Stimme. Es riecht nach dem Aggro-Ton des Volkes, der die Stimme des Volkes liest und Schilder mit "Ball spielen verboten" für Kinder aufhängt, die noch nicht lesen können. "Jaja", sag ich, "aber es ist Wahl. Wählen ist nicht nur Dein Recht, meine ich." "Ach!", murmelt sie daher, "mich hat das noch nie interessiert und ich bin da auch noch nie hin." Ich staune. Langsam fängt der Gedanke an, an ihr zu haften und sie kratzt dran: "Die erzählen immer einen, der erzählt das, der erzählt dies, die lügen doch eh alle ..." "Wir sollten uns nicht weiter darüber unterhalten", stelle ich schnell fest. Sie atmet noch kurz ein, aber dann wieder aus.

Faszinierend. Alles ist Scheiße und beim Teutates, wir kämpfen auch dafür, dass es so bleibe! Amerika ist fern und die hiesige Berichterstattung nervt derart, dass man das ganze Land zum Teufel jagen mag. Aber dass es noch welche gibt, die bei globalen Zusammenhängen maximal an Brücken über die Autobahn denken, so sie überhaupt an was denken, ist finster. Ebenso schlimm wie eben jenes ist die Meinungsbildung einiger, die mit "Bildung" wenig am Hut hat und auch nur die Meinung der Menschen zu imitieren sucht, die jeden Tag um einen herumschwirren. Und bei eben jener einen sind das nicht viele. Und es gibt dort keine Zeitung. Und kein Internet. Und Bücher schonmal gar nicht. Amerika bedeutet hier "Dr. House gucken", was zweifelsfrei jetzt so schlecht nicht ist, in seiner Umgebungslosigkeit aber fatal. Und da ich eigentlich nicht über sie schimpfen will, ohne dass sie anwesend ist, schimpfe ich auf alle die, die da draußen ganz genauso dummnasig durch ein Leben eiern, das halt so vor sich hin geht.

Diese Dame kommt aus Polen. Es war nie ihr ausdrücklicher Wunsch, nach Deutschland zu kommen. Sie kam hier hin, weil die medizinische Versorgung in Polen unter aller Sau ist und die Lügenbarone in Berlin geregelt haben, dass sie verdammt nochmal keinen Sterbefall in der Familie haben solle. Die Schweine! Na, fällt Dir was auf? Nein. Ich dachte es mir. Nicht zu wählen und kein Interesse zu haben ist Ablehnung gegen alles, was unser Umfeld regelt. Ob es das gut regelt oder nicht, ist dabei zunächst irrelevant, doch wir haben die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen. Wer das nicht tun will: Bitte, ab auf die Insel der Gesetzlosen, wo Dir niemand Dein Frühstück bringt, wenn Du es nicht holen kannst. Wo Herr Doktor Dir halt nicht die Geschwüre aus dem Magen holt, wenn Du ihm nicht achtzehntausend goldene Kokosnüsse bringst, die da gar nicht wachsen. Wo Dir jeder lustig seinen Morgenkot ins Gesicht werfen kann, ohne dass Du etwas daran ändern wirst und Dein Nachbar Dir einfach mal die selbstgebaute Palmenhütte niederbrennt. Und das sind nur die ganz kleinen Dinge aus Deiner ganz kleinen Welt. Da wirst Du nicht belogen und betrogen. Das wird super!

Und an alle, deren Horizont ebenfalls stets wolkenverhangen ist: Wenn ihr schon Frust habt, dann wählt wenigstens die Linken, die sind dafür da. Wenn Ihr Euch nur das merkt, braucht ihr auch weiterhin keinen Gedanken ans Denken zu verschwenden. Guckt die Supernanny. Schimpft über Staus, in denen Ihr selbst steht. Und mauert Euch Eure kleinen Ställe aus Nestwärme und Ignoranz. Aber bitte: nicht mehr sprechen!

Dating. Oder: Warum ich ewig einsam bleibe

Früher waren wir alle gleich. Wir wohnten bei Mutti, gingen zur Schule und unterschieden uns maximal in der Auswahl der Leistungsfächer. In meinem Freundeskreis hörten alle Bad Religion, trugen die Haare lang und selbst die Mädchen waren stets darum bemüht, möglichst runtergerockt auszusehen, um die geistige Reife auch ohne Worte zur Schau zu tragen. Wir waren eins. Paare bildeten sich kunterbunt durcheinander und niemand fand das so wirklich seltsam.

Und genau wie wenige von damals bin ich heute ein einsamer keiner Muck, der so durch seine kleine Welt schlumpft und gern mal ein bisschen positive Diskriminierung erfahren würde. Und genau wie alle anderen, die mit Disco und Schützenfest keinerlei Vergnügen zu verbinden in der Lage sind, obwohl sie es wirklich versucht haben, oder von positiver Diskriminierung nie genug bekommen können, klicke ich mich durch ... auf die Single-Seiten! So. Es ist raus.

Die Idee:
Ich stelle ein spitzenmäßiges Foto ein. Eigens von der befreundeten Fotografin zwecks Eindrucks geschossen und natürlich mittels Photoshop von sämtlichen Hautunreinheiten und Kopfhautschimmern befreit. Das schlägt ein. Ich bin wer. Aber Hallo.
Als Kirsche obendrauf wird noch ein Text ersonnen, der mich als interessanten Typen ausweist, der das hier ja eigentlich gar nicht nötig hat. Erste Zweifel an mir selbst keimen, aber man soll sich nicht so wichtig nehmen. Jetzt heißt es zurücklehnen und abwarten. Ich bin zuversichtlich. Frauen, die mit anderen Männern zusammen sind, haben mir gesagt, dass ich ein sehr interessanter Typ bin.

Nach einer Woche Resonanz. Ein "Sympathieklick" von "Mallorca2007", einer braungebrannten Dame, die gern mal Party macht. Der wahre Profilname wird natürlich hier nicht verraten. "Wenn ich euch neugierig gemacht habe, dann schreibt mir doch einfach mal!", sagt der einzige Satz ihres Profils und ich glaube, es ist nicht nur der ihres digitalen. Ich glaube, unser Zusammenleben würde von Differenzen geprägt sein, weshalb ich ihr natürlich schreibe, dass ich bereits an jemand anderem interessiert sei und es sehr schade finde, dass ich sie erst jetzt fand. "Schmetterling77" schreibt mir viele Tage später, dass sie mich doch sehr nett fände. "Ohne Punkt und Komma!", sagte mein Vater immer. Hier traf das viel mehr zu. Ich lerne: Satzzeichen werden dieserorts durch gelbe animierte Gesichter ersetzt, die einen freudigen oder freundlichen Gemütszustand anzeigen, wo Grammatik und Wortwahl dazu nicht in der Lage sind. Und "nett" ... die kennt mich doch gar nicht. Sie ist aber auch nicht so richtig mein Fall, wie ich, der nur auf den Charakter sieht und niemals aufs Äußere, an ihrem Foto erkenne. Ich schreibe also auch ihr und denke eine halbe Stunde darüber nach, wie ich ihr nett darstellen kann, dass weder Kind noch Kegel für uns zwei in greifbarer Nähe sind.

Ansonsten ... nichts! Tagelang! Was ist denn los mit den Frauen? Zum Test korrigiere ich die wahrheitsgemäße Angabe meiner Körperlänge nach oben, was mir kurzerhand drei neue Mails beschert. Aber das Ziel ist ja, sich auch im wahren Leben zu treffen, weshalb ich den Spaß für ungeeignet zur Partnersuche erkenne und wieder die 172 cm einfüge, die es nunmal sind. Also .. glaube ich ... ich hab das nicht gemessen. Ich recherchiere und stelle mit Schrecken fest: Männer sind nur gültig, wenn sie mindestens 180 cm hoch ragen. Und zwar auch bei den Frauen, die das locker um 20 Zentimeter unterbieten. Nanu? Wo ist sie denn hin, die Emanzipation? Frauen wollen Bauarbeiterinnen sein, Bundeskanzlerinnen, Tischlerinnen, Sachverständiginnen und KFZ-Mechanikerinnen. Aber sie wollen bitteschön immer nach oben gucken müssen. Ich bin frustriert. Ich lade ich mir Busenbilder von langbeinigen Frauen herunter und werde noch trauriger davon.

Ach! Frauen wollen erobert werden! Ja sicher! Ich hatte in meiner gephotoshoppten Selbstsicherheit vollends die grundlegendste aller Regeln vergessen! Also hier die neue Strategie: Mal gucken, was es so gibt und dann hurtig hurtig schreiben schreiben schreiben. Jetzt gehts rund! Und tatsächlich: Von 257 Frauen, die in akzeptabler Distanz zu meinem Wohnort angezeigt werden, sind drei dabei, deren Profiltext zwar auch keine Versalien enthält, dafür aber nett klingt. Und ich gebs zu: ein Foto enthält, was mich anspricht. Da war es wieder: nett. Ich bemerkte, das meine Ansprüche rapide die Treppe runter sind, aber hey: ich bin ja selbst nicht so der Hecht und die Tatsache, das jemand "arroganz und oberflächlichkeit und nazis hasst" macht ihn ja nicht schlecht, auch wenn das schon alles zu sein scheint. An dieser Stelle sei mal ganz ehrlich gesagt: Ich schäme mich aufrichtig für den Satz mit der Treppe.
Es bleibt also nur eins zu tun: Ich lerne dieses Profil auswendig, ich verinnerliche es, ich werde selbst zu dieser Person und dann – schreibe ich ihr einen durchdachten Text mit allen Sprachfinessen, Scherzchen und klitzekleinen Schmeicheleien, die die Sprache für einen solchen Zweck erdacht hat. Die verfügbaren Zeichen werden knapp, doch ich kriege meine Bewunderung durch einige Korrekturen noch in die 5000 Zeichen-Vorgabe. HA!
Die Antwort kommt prompt zwei Wochen später: "hey wie war dein wochenende? :)" Und das ist kein Scherz jetzt.

Ich spare mir die Antwort, bin wieder traurig und gucke nochmal nach den Busenbildern.

Mittlerweile ... ich weiß nicht, wie es doch noch gelang, doch ich hatte Dates. Nicht mit Frauen, sondern mit ausgewählten Frauen. Es klingt wie: "Ich bekam dann das Sofa, das ich im Internet sah." Und genauso ist es eigentlich auch, wenn man mal ganz offen ist. Man ordert Katalogware, die dann selbständig kommt. An eine Packstation. Diese hat meist ein Klo und bietet Kaffee, aber im Grunde ist es das gleiche: Man identifizert sich und grübelt, was man da denn wohl bestellt hat. Ich darf all das sagen, denn ich befinde mich mittendrin. Ein Foto ist übrigens kein Bild. Ein Bild bekommt man vielleicht nach fünf Fotos. Manchmal auch nach zehn nicht. Meiner Erfahrung nach auch oft nach einem Jahr des Zusammenlebens nicht. Die erste Überraschung muss nicht unbedingt eine schlechte sein, ist es aber oft, was wieder den widerwärtigen Charakter des Ganzen aufzeigt: Ich kaufte nie ein Sofa, weil es gut aussieht, sondern weil es mir Ruhe und Besinnlichkeit verspricht. Und ich verglich niemals vorher eine Frau mit einem scheiß Sofa! Was ist nur aus mir geworden?

Das Fazit aller Treffen:
Kennenlernen geht anders. Ich will eine Frau faszinierend finden! Der Dinge wegen, die sie sagt! Weil sie guckt wie sie guckt! Weil sie mit anderen spricht, wie sie es eben tut! Ich will zuhause sitzen und auf einen Anruf warten und dabei die Pöppel auf der Rauhfasertapete zählen. Ich will sie zuhause abliefern und an der Tür die Grenze erkennen. Und das gibt es auch. Das muss es geben!

Aber hier, an einem dieser verschenkten Freitag Abende bin ich die einzige Speise auf der Karte. Und ich werde nicht bestellt, nein, der Ober wird befragt. Über Temperatur, Beschaffenheit und Frische, über Farbe, Duft und eventuell allergene Substanzen. VOR ALLEM allergene Substanzen. Es macht keine Freude. Ich werde gerüttelt und geschüttelt, und alles, was aus den Taschen fällt einer raschen und lieblosen Begutachtung unterzogen, bevor es über den Tisch in den Ketchup-Fleck gescheuert wird. Im Geiste sitze ich breits lesend zuhause auf dem Klo oder überlege, was ich mir heute hätte kochen können. Und am Ende weiß ich: so geht Liebe nicht. Und ich fahre heim und singe im Auto traurige Lieder. Dabei sollte mir eigentlich eines aufgefallen sein: Ich bin hier wieder der Einzige gewesen, der keine Taschen gerüttelt hat. Aus Angst, dass doch wieder nur ein Lippenstift und ein altes Brot rausfällt und ich mich jetzt hier sofort richtig ärgere, dass ich nicht zuhause sitze und ein Bild male.

Manche wollen auch direkt knutschen. Und das soll man nicht als Kompliment missverstehen. Wenn man schon merkt, dass das Gespräch nur zum gegenseitigen Kopfschütteln anregt, ist Knutschen die beste Lösung, um endlich still zu sein, wenn man nicht so unhöflich sein will, die Person direkt wegzujagen. Ich habe also Verständnis. Man schließt die Augen und denkt sich weg. Aber schön ist was anders ... Bochum zum Beispiel. Oder Fußpilz.

Weiterhin:
Frauen, in deren Profil keine Zigarette angezeigt wird, rauchen. Immer. Die anderen HASSEN rauchen. Immer. Rauchen ist schäbig und unsportlich. Es macht gelbe Zähne und ... ist nicht immer ratsam, wenns ums Knutschen geht. Das ist natürlich Quark, denn ich rauche auch, bin sportlicherweis sehr aktiv und kann über meine Zähne nicht so richtig klagen. Aber ich bin ja keine Frau und daher auch nicht emanzipiert genug, meine Defizite verstecken zu müssen.

Ferner:
Nie!, aber auch niemals darf man davon ausgehen, dass eine Frau, die des Schreibens durchaus mächtig ist, auch spricht. Ich lernte mal eine kennen, die sogar schon ein Buch veröffentlicht hatte, was ich sehr ansprechend fand. Doch sie sah den ganzen Abend auf ihre sich gegenseitig knetenden Hände und parierte maximal mit drei Worten in Folge, die immer eine Pause von mindestens drei Minuten vorsahen, die ich mit Geistesblitzen zu planieren hatte.

Des Weiteren:
Frauen, die heiter lachen und ihre Freude zur Schau stellen, melden sich womöglich nie wieder. Das kann daran liegen, dass sie kurzerhand verstarben, ist meistens aber darin begründet, dass sie gar nicht so viel Spaß hatten wie der selbstbewusste Mann dachte. Das darf man nicht persönlich nehmen, denn ein erstes Treffen ist soviel wert wie ein altes Bananenbrot.

Schlussendlich:
Die Mails, die nicht komplett für die Hose sind, klingen immer wunderbar. Man passt zusammen wie die Faust in die Tasche. Man lacht, man scherzt und auch Sorgen und Nöte des Lebens scheinen plötzlich viel weniger zu wiegen. Man versteht einander. Und das liegt nunmal daran, dass man sich freut, überhaupt angeschrieben worden zu sein oder eine Antwort bekommen zu haben. Wozu ist man denn hier? Wozu sucht man denn im Internet einen Lebenspartner? Weil man stinkeeinsam ist. Und da reichen schon zwei Halbsätze und ein Smiley, um sich nicht mehr ganz so unverstanden zu fühlen. Ich schreibe "man" und meine natürlich mich.

Es ist nicht mehr wie damals. Wir alle haben uns weit voneinander entfernt. Vor einigen Wochen lernte ich A. kennen. Wir trafen uns auf einer Party im Freundeskreis. Wir redeten dummes Zeug auf hohem Niveau, lachten viel und ich mochte sie gut leiden. Ich habe sie nie angerufen. Sie ist real. Da geh ich nicht bei.

Ich hab doch auch nix zu sagen ...

Das Internet ist die Pinnwand allen geistigen Verfalls. Jeder der nichts zu sagen hat, tut eben dieses nicht und schmiert sein dünnes Gebrabbel daumendick auf den nächstbesten Server. Horst erzählt vom heutigen Pizzabraten bei Marlies, Franz misst seiner Plattenkritik zur neuen Scheibe von wasweißichwem auch neben den 20 Seiten voll dummbaseligen Kommentaren auf Amazon einen hohen Nutzwert für die Welt bei, und Gisela möchte erzählen, wie es den Meerschweinen Fitz und Fatz seit den letzten zwei Stunden ergangen ist. Käse in Reinform, präsent wie Sparkassen-Filialen und mindestens genauso spannend.

Wozu?, dachte ich.
Und ich gebe zu: Ich weiß nicht viel. Und deshalb korrigiere ich mein übliches Gezeter und sage: Gehet hin und schreibet, denn nun will ich es Euch gleichtun! Mal sehen, wie lange es hält.
Soll Gisela von Meerschweinen schreiben, denn laut Hagen Rether sind sie der Beweis für Gottes Humor, und irgendwer wirds schon lesen wollen. Und ohnehin ist es doch immer schön, von heilen Schweinewelten zu lesen, wenn ansonsten nur gemiesepetert wird. Schreibt. Bevor ihr fern seht oder die Bekannte knattert, die eigentlich nur Liebe will.

Trugschluss Nummer zwei, dem ich sattelfest aufsaß: Es wird nur Stuss geschrieben. Ich sagte bereits: Ich weiß nicht viel. Und bis vor Kurzem hielt ich YouTube für den Ort, an dem Gisela ihre Meerschweine auch zeigen kann und maximal noch Musikvideos zu finden sind, die man lange vermisst hat und sich dann fragt, warum das so war. Das die Welt komplett an mir vorbeigelaufen ist, sagten mir nur ein paar Computerspiel-Fans, deren Kürzel ich nie verstand und deren Hohn ich keinerlei Bedeutung beimesse.

Voller Scham weinte ich still und wollte teilhaben an der Welt. Irgendwo zwischen Stuss und Geistesblitz müsse ein Stuhl frei sein. Denn die Frage, ob ich was zu sagen habe, ist irrelevant, solange mir der Drang innewohnt, mich mitzuteilen. Und so viele schlaue Menschen, deren Worte mich täglich begleiten, haben Dinge gesagt, die auch ich schon gedacht, wenngleich nicht geschrieben habe. Dumm, dass sie es schon gesagt haben. Aber es gibt immer welche, die das nicht wissen – und das ist verdammt nochmal meine Chance! Da ich aber faul bin wie Hutze, werde ich wohl vornehmlich Eigenes ersinnen.

Ich hoffe, es wird schlauer als dieses hier. Aber alles fängt wo an und irgendwo gibt es immer noch größeren Käse als den eigenen.