Begegnungen

Es gibt sie überall, diese Paranoiden! Sie wehren sich dagegen, Ihren Namen irgendwo zu hinterlassen, auf Fotos im Internet zu erscheinen, sind weder bei StudiVZ noch bei Xing, und halten das für richtig.

Und sie haben völlig Recht.

Ich war auch mal so, bis ich dem öffentlichen Druck nicht mehr stand hielt und auch lustig Freunde sammeln wollte. Und so tummelte ich mich wie alle anderen auf diversen Seiten und war vergnügt. Ich hatte immer diese böse Ahnung, dass einem das irgendwann zuviel wird und man den Überblick verliert. Es ist wie Gruppensex ohne Verhütung und mit Eimer überm Kopf. Nur, dass man seine Visitenkarte auf jeden Körper klebt, den man da grad befingert hat. Und ein Foto. Und die Daten seines Arbeitgebers. Und die der Eltern, Großeltern und Freundesfreunde. Und sein Tagebuch. Und einen Gebiss-Abdruck. Und die befummelte Person macht alsbald Fotokopien aller Daten und klebt sie mit ihren eigenen auf den nächsten Kadaver. Also ... so KÖNNTE es sein, ich weiß es nicht. Ist ja widerlich.

Jedenfalls kam es, dass ich mit einer jungen Dame Mails schrieb. Sie bekannte sich sofort zum Business, in dem auch ich arbeite. Worauf ich heiter und unbesorgt meine Meinung zu diesen Menschen kund tun wollte (ich berichtete weiter unten). Aber halt! Im letzten Moment besann ich mich, löschte ein paar Zeilen und verkündete, dass ich gern was sagen würde, bzw. auf meinen Blog verweisen würde, dies aber lieber sein ließe. Ich hätte Bewerbungen laufen und wisse ja nicht, ob ich IHR auch schon eine geschickt hätte. Den Gedanken fand ich lustig. Denn, da hatte ich einen lichten Moment, es mag sein, dass ich da grad der Personalchefin von soundso schreibe, die vielleicht keine bösen Absichten hegt, aber sicher auch niemanden einstellen möchte, der alles Scheiße findet, was er zu tun hätte. Und in diesem Leben kommt Broterwerb vor Liebesmüh.

Wer mich und mein Leben kennt, weiß, was jetzt kommt.

Ich bekam des Abends eine Mail von ihr. Sie sagte, dass sie ehrlich sein wolle. Ich hätte völlig Recht gehabt mit meiner Vermutung. Tatsächlich hatte sie meine Bewerbung auf dem Tisch! Ich lief in rapidem Wechsel von schreiend und kichernd um den Wohnzimmertisch und entnahm mir etwas Haupthaar. Sie beruhigte mich allerdings, indem sie mir sofort mitteilte, dass sie mit der Rekrutierung der Mitarbeiter nichts am Hut habe und deshalb alles ganz unproblematisch sei. Sagte ich, dass sie mich beruhigte? Das tat sie natürlich nicht! Doch für sie schien es keine größere Angelegenheit zu sein, weshalb sie zu weiteren Themen überging. Und der Herr sei gepriesen für diesen ultimativen Test: Obwohl sie so ziemlich alles ergoogelte, was ich je im Internet hinterließ, kam sie nicht zu diesem Blog. Es wäre wohl in Ordnung gewesen, aber es ist gut zu wissen.

Und so habe ich heute viel gelernt über Dinge, die man nicht tun sollte. Das Internet ist ein sehr kleiner Ort, in dem man nichtmal ein Fahrrad braucht. Und die Dame, die hier Erwähnung fand, ist zwar schwer auf Scheibe, was die Benutzung von Suchmaschinen betrifft, aber mit etwas Glück schaffen das auch andere mit den nötigen Informationen.

Und die ultimativen Regeln lauten: Verwende niemals ein Foto im Internet, was auch Deiner Bewerbung beiliegt! Nein, so doof war ich nicht, aber Regel Nr. 2 lautet: Verwende auch nie ein Foto für diese beiden Zwecke, auf dem Du die gleichen Klamotten trägst! NIEMALS! Unterschätze nie die dunkle Seite der Suchmaschinen.

Dieser Blog bleibt bestehen. Ansonsten herrscht hier aber fortan Paranoia auf maximaler Stufe.

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