"The greatest enemy will hide in the last place you would ever look." Julius Caesar
Zufälle sind seltsame Typen.
Gestern stand ich mit der liebenswerten L. zusammen und wir beguckten uns aus geeigneter Distanz meine Ex. Auf ihre Frage, warum wir denn nicht mehr zusammen seien, wollte ich diesmal nicht mit Groll, Zeigefinger und anschließender Reue reagieren, sondern kurz inne halten und einen Satz suchen, der den Kern zumindest streift. In einem Tanzlokal ist es noch ratsamer als sonst, erst zu denken und dann zu sprechen. Denn die Stimme versagt schnell, wenn die Musik laut ist. Nebenbei stellt sich mir folgende Frage: Warum müssen Betrunkene einem immer mitten ins Gesicht reden anstatt sich auf eines der angebotenen Ohren zu konzentrieren? Es stinkt nicht nur, nein, man hört auch nix. Und dann wird man noch bespuckt, weshalb man die Augen zukneift (Tröpfcheninfektion) und auch nicht Lippenlesen kann. Ich schweife ab.
Jedenfalls kramte ich kurz unterm Schädeldach und heraus fiel dies:
"Wenn ich sie mir so angucke ... ich wünschte, ich wäre ein bisschen wie sie. Dann könnte ich Dinge oder Leute, die ich nicht mag, einfach lächelnd als Dinge oder Leute hinnehmen, die ich nicht mag. Und ich müsste es weder kommentieren, noch würde es mich grundlos aufregen. Ich glaube, deshalb sind wir nicht mehr zusammen."
"Ach!", sagte L., "So toll kann sie ja nicht sein. Dann hätte sie nicht Schluss gemacht."
Und da hat L. natürlich völlig Recht. Doch mein Problem bleibt bestehen. Und mein Problem ist nicht meine Ex. Dass das hier mal ganz klar ist, weil es viele bezweifeln: Es geht um's PRINZIP, nicht um sie, liebe Freunde.
Und so kam es, dass ich heute "Revolver" sah. Ich bin ein Freund der alten Gangster-Filme a la "Good Fellas", freute mich auf Ray Liotta und wurde sehr überrascht. Zum Film selbst will ich nix sagen, denn ich möchte ihn hier noch empfehlen und deshalb nicht den Spaß vergeigen. Die Kernaussage kann dennoch mitgeteilt werden:
"Dein größter Feind bist Du selbst." Und natürlich ruft da des Regisseurs Ex Madonna aus dem Kabbalah-Karton, aber sei's drum.
Dem Abspann wurden Zitate zum Thema "Ego" beigelegt, die nicht besonders tief schürfen, aber in faszinierender Weise mit meinem Ausspruch L. gegenüber passten. Wir alle tragen ein Wesen in uns, das 24 Stunden am Tag versucht, sich hervorzutun, herumzubollern und zu ramentern. Am eindrucksvollsten kann man das übrigens an M. sehen; bei ihm zerstört es allerdings nicht soziale Kompetenzen, was ihn deutlich von mir unterscheidet und grade deshalb liebenswert macht. Zu seiner und vor allem meiner Rechtfertigung führe ich mir immer eine mir bekannte Person vor Augen, die vor lauter Ego-Wällen niemals Sonne sehen wird und mich schon beim dran denken in schiere Raserei versetzt. Ich schweife ab.
Es ist das "Ich" (nicht im Freudschen Sinne, sondern als Synonym für das Ego), das stets bestrebt ist, das zu verteidigen, was es sein will. Und wir glauben, dass es unser Selbst ist, weil es uns seit Ewigkeiten bescheißt. Wir gehen davon aus, dass wir mehr oder weniger eins mit uns selbst sind, werden aber Zeit unseres Lebens schwer verschaukelt. Es gelingt dem Verstand nicht, etwas zu erkennen, was den Verstand selbst steuert.
Da wir selten sind, was wir sein wollen, kracht's. Denn überall gibt es Leute, die auf einer Ebene besser sind als wir. Und das geht mal gar nicht. Und so regt man sich permanent über andere auf. Oberflächlich betrachtet. Denn eigentlich regen wir uns über uns selbst auf. Auch oberflächlich. Eigentlich haben wir komplett die Hosen voll! Weil andere irgendwas besser können oder irgendwas gar nicht können. Weil sie größer sind. Oder kleiner. Oder grüner oder was auch immer. Oder weil sie Dinge tun, die wir nicht verstehen. Es gibt tatsächlich Leute, die Reggae hören oder Hobbits gut finden! Pah! Wir intervenieren stante pede und machen unseren Standpunkt klar. Und wieder. Und wieder. Wozu? Ganz einfach. Weil wir uns hervortun MÜSSEN, um uns selbst standzuhalten.
Kabbalistische Gedanken sind mir nicht ganz fremd, seit ich Tool-Texte zu verstehen versuche. Die Betonung lege ich betont auf das Wort "versuche".
In "The Grudge" heißt es:
"Clutch it like a cornerstone, otherwise it all comes down.
Justify denials and grip them to the lonesome end.
Clutch it like a cornerstone, otherwise it all comes down.
Terrified of being wrong, ultimatum prison cell. (...)
Wear the grudge like a crown (of negativity)
Desperate to control (all and everything)
Unable to forgive (your scarlet lettermen)
And we're sinking deeper. (...)
Saturn comes back around,
lifts you up like a child,
drags you down like a stone,
to consume you till you choose to let this go (...)"
Wir tragen einen Groll (die direkte Übersetzung klingt etwas oll, die Vokabel tut's aber ganz gut) in uns, den wir dringend brauchen, um uns am Kacken zu halten. Wie ein Eckstein, ohne den jeder Torbogen einstürzt. Unser Ego steuert wirsch und unsinnig herum und der Verstand muss es irgendwie rechtfertigen. Wir wollen kontrollieren, was um uns geschieht, können nur schwer vergeben ("scarlet lettermen" erklärt sich mir aus einer damaligen Strafe für Ehebrecher, einen dunkelroten Buchstaben auf der Kleidung zu tragen - siehe "Der scharlachrote Buchstabe"), sind in uns selbst gefangen und die Spirale geht immer abwärts. Die Saturn-Nummer zu erklären, stellt mich jetzt vor eine Aufgabe, die ich nicht angehen will. Autsch! Gemerkt? Ich weiß was, sag's, erklär's aber nicht! Auf jeden Fall frisst es uns, bis wir lernen, es einfach dranzugeben. Das allerdings erfordert zunächst die Erkenntnis der Sachlage. Übrigens: Leute, die andauernd so tun, als würden sie alles tolerieren und liebenswert finden, sind des Teufels! Das kann nicht funktionieren. Also bitte nicht glauben!
Für mich als Freund des spontanen Aktivismus ergaben sich bereits mehrere Aufgaben aus diesen Gedanken. Eine erfüllte ich bereits VOR dem Gespräch mit L., was mich schon wieder sehr an der Existenz von Zufällen zweifeln lässt: Ich schrieb einer damaligen Freundin (also einer ohne Fummeln jetzt), die ich seit Ewigkeiten nicht sah, einen Brief. Wir stritten einst und sahen uns eigentlich grundlos nie wieder. Manche Menschen trifft man zu Recht nicht wieder, bei anderen ist es wirklich schade. Und ich schaffte es, diesen Brief ohne "ich will!" zu formulieren.
Ferner kommt grade jetzt eine der größten Herausforderungen: die weihnachtliche Familien-Zusammenkunft! Jochen Malmsheimer sagte treffend: "Zwischen Bescherung und Zerwürfnis kommt das Essen." Ich will mein Bestes geben. Doch die dunkle Seite der Macht ist stark in mir und meiner Familie.
Angekommen werde ich sein, wenn ich meiner Ex und ihrem neuen TYP in die Gesichter sehen und sagen kann: "Schön, dass ihr glücklich seid!" Aber manche Dinge kann man vielleicht auch auslassen auf dem Weg nach oben. Man soll nicht immer alles wollen, echt nicht. Wirklich. Nein. Nicht alles.
Give away the stone. Let the waters kiss and transmutate these leaden grudges into gold.
Let go!
Zufälle sind seltsame Typen.
Gestern stand ich mit der liebenswerten L. zusammen und wir beguckten uns aus geeigneter Distanz meine Ex. Auf ihre Frage, warum wir denn nicht mehr zusammen seien, wollte ich diesmal nicht mit Groll, Zeigefinger und anschließender Reue reagieren, sondern kurz inne halten und einen Satz suchen, der den Kern zumindest streift. In einem Tanzlokal ist es noch ratsamer als sonst, erst zu denken und dann zu sprechen. Denn die Stimme versagt schnell, wenn die Musik laut ist. Nebenbei stellt sich mir folgende Frage: Warum müssen Betrunkene einem immer mitten ins Gesicht reden anstatt sich auf eines der angebotenen Ohren zu konzentrieren? Es stinkt nicht nur, nein, man hört auch nix. Und dann wird man noch bespuckt, weshalb man die Augen zukneift (Tröpfcheninfektion) und auch nicht Lippenlesen kann. Ich schweife ab.
Jedenfalls kramte ich kurz unterm Schädeldach und heraus fiel dies:
"Wenn ich sie mir so angucke ... ich wünschte, ich wäre ein bisschen wie sie. Dann könnte ich Dinge oder Leute, die ich nicht mag, einfach lächelnd als Dinge oder Leute hinnehmen, die ich nicht mag. Und ich müsste es weder kommentieren, noch würde es mich grundlos aufregen. Ich glaube, deshalb sind wir nicht mehr zusammen."
"Ach!", sagte L., "So toll kann sie ja nicht sein. Dann hätte sie nicht Schluss gemacht."
Und da hat L. natürlich völlig Recht. Doch mein Problem bleibt bestehen. Und mein Problem ist nicht meine Ex. Dass das hier mal ganz klar ist, weil es viele bezweifeln: Es geht um's PRINZIP, nicht um sie, liebe Freunde.
Und so kam es, dass ich heute "Revolver" sah. Ich bin ein Freund der alten Gangster-Filme a la "Good Fellas", freute mich auf Ray Liotta und wurde sehr überrascht. Zum Film selbst will ich nix sagen, denn ich möchte ihn hier noch empfehlen und deshalb nicht den Spaß vergeigen. Die Kernaussage kann dennoch mitgeteilt werden:
"Dein größter Feind bist Du selbst." Und natürlich ruft da des Regisseurs Ex Madonna aus dem Kabbalah-Karton, aber sei's drum.
Dem Abspann wurden Zitate zum Thema "Ego" beigelegt, die nicht besonders tief schürfen, aber in faszinierender Weise mit meinem Ausspruch L. gegenüber passten. Wir alle tragen ein Wesen in uns, das 24 Stunden am Tag versucht, sich hervorzutun, herumzubollern und zu ramentern. Am eindrucksvollsten kann man das übrigens an M. sehen; bei ihm zerstört es allerdings nicht soziale Kompetenzen, was ihn deutlich von mir unterscheidet und grade deshalb liebenswert macht. Zu seiner und vor allem meiner Rechtfertigung führe ich mir immer eine mir bekannte Person vor Augen, die vor lauter Ego-Wällen niemals Sonne sehen wird und mich schon beim dran denken in schiere Raserei versetzt. Ich schweife ab.
Es ist das "Ich" (nicht im Freudschen Sinne, sondern als Synonym für das Ego), das stets bestrebt ist, das zu verteidigen, was es sein will. Und wir glauben, dass es unser Selbst ist, weil es uns seit Ewigkeiten bescheißt. Wir gehen davon aus, dass wir mehr oder weniger eins mit uns selbst sind, werden aber Zeit unseres Lebens schwer verschaukelt. Es gelingt dem Verstand nicht, etwas zu erkennen, was den Verstand selbst steuert.
Da wir selten sind, was wir sein wollen, kracht's. Denn überall gibt es Leute, die auf einer Ebene besser sind als wir. Und das geht mal gar nicht. Und so regt man sich permanent über andere auf. Oberflächlich betrachtet. Denn eigentlich regen wir uns über uns selbst auf. Auch oberflächlich. Eigentlich haben wir komplett die Hosen voll! Weil andere irgendwas besser können oder irgendwas gar nicht können. Weil sie größer sind. Oder kleiner. Oder grüner oder was auch immer. Oder weil sie Dinge tun, die wir nicht verstehen. Es gibt tatsächlich Leute, die Reggae hören oder Hobbits gut finden! Pah! Wir intervenieren stante pede und machen unseren Standpunkt klar. Und wieder. Und wieder. Wozu? Ganz einfach. Weil wir uns hervortun MÜSSEN, um uns selbst standzuhalten.
Kabbalistische Gedanken sind mir nicht ganz fremd, seit ich Tool-Texte zu verstehen versuche. Die Betonung lege ich betont auf das Wort "versuche".
In "The Grudge" heißt es:
"Clutch it like a cornerstone, otherwise it all comes down.
Justify denials and grip them to the lonesome end.
Clutch it like a cornerstone, otherwise it all comes down.
Terrified of being wrong, ultimatum prison cell. (...)
Wear the grudge like a crown (of negativity)
Desperate to control (all and everything)
Unable to forgive (your scarlet lettermen)
And we're sinking deeper. (...)
Saturn comes back around,
lifts you up like a child,
drags you down like a stone,
to consume you till you choose to let this go (...)"
Wir tragen einen Groll (die direkte Übersetzung klingt etwas oll, die Vokabel tut's aber ganz gut) in uns, den wir dringend brauchen, um uns am Kacken zu halten. Wie ein Eckstein, ohne den jeder Torbogen einstürzt. Unser Ego steuert wirsch und unsinnig herum und der Verstand muss es irgendwie rechtfertigen. Wir wollen kontrollieren, was um uns geschieht, können nur schwer vergeben ("scarlet lettermen" erklärt sich mir aus einer damaligen Strafe für Ehebrecher, einen dunkelroten Buchstaben auf der Kleidung zu tragen - siehe "Der scharlachrote Buchstabe"), sind in uns selbst gefangen und die Spirale geht immer abwärts. Die Saturn-Nummer zu erklären, stellt mich jetzt vor eine Aufgabe, die ich nicht angehen will. Autsch! Gemerkt? Ich weiß was, sag's, erklär's aber nicht! Auf jeden Fall frisst es uns, bis wir lernen, es einfach dranzugeben. Das allerdings erfordert zunächst die Erkenntnis der Sachlage. Übrigens: Leute, die andauernd so tun, als würden sie alles tolerieren und liebenswert finden, sind des Teufels! Das kann nicht funktionieren. Also bitte nicht glauben!
Für mich als Freund des spontanen Aktivismus ergaben sich bereits mehrere Aufgaben aus diesen Gedanken. Eine erfüllte ich bereits VOR dem Gespräch mit L., was mich schon wieder sehr an der Existenz von Zufällen zweifeln lässt: Ich schrieb einer damaligen Freundin (also einer ohne Fummeln jetzt), die ich seit Ewigkeiten nicht sah, einen Brief. Wir stritten einst und sahen uns eigentlich grundlos nie wieder. Manche Menschen trifft man zu Recht nicht wieder, bei anderen ist es wirklich schade. Und ich schaffte es, diesen Brief ohne "ich will!" zu formulieren.
Ferner kommt grade jetzt eine der größten Herausforderungen: die weihnachtliche Familien-Zusammenkunft! Jochen Malmsheimer sagte treffend: "Zwischen Bescherung und Zerwürfnis kommt das Essen." Ich will mein Bestes geben. Doch die dunkle Seite der Macht ist stark in mir und meiner Familie.
Angekommen werde ich sein, wenn ich meiner Ex und ihrem neuen TYP in die Gesichter sehen und sagen kann: "Schön, dass ihr glücklich seid!" Aber manche Dinge kann man vielleicht auch auslassen auf dem Weg nach oben. Man soll nicht immer alles wollen, echt nicht. Wirklich. Nein. Nicht alles.
Give away the stone. Let the waters kiss and transmutate these leaden grudges into gold.
Let go!