Der visionäre Spielzeugverkäufer

Oft, wenn man nach Hause fährt, nachdem man neue Menschen kennengelernt hat, fühlt man sich nicht mehr ganz so bescheuert wie vorher. So erging es mir Silvester.

Er habe ein Spielzeugfachgeschäft. Nun wolle er expandieren. Ins Ausland. Also in mehrere Ausländer gleichzeitig. Italien wäre schonmal was. Spanien müsste aber ebenfalls drin sein.
Es roch arg nach dicker Hose, aber wenn ich "Spielzeug" höre, werde ich immer aufmerksam wie freudig infantil. Und da ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, ob ich nun meinen neuen Job antreten würde, mischte ich mich auch direkt ein:
"Spielzeugladen? Brauchst Du noch Mitarbeiter? Ich wäre grad vakant!"
"Ich habe fünf Mitarbeiter, aber ja, ich suche wirklich grade noch jemanden", war seine Antwort.
"Ja nu ... hier bin ich! Was brauch ich, was willst Du wissen, wie geht's weiter?"
"Also Du kannst mir ja ne Bewerbung schreiben."
"Von wegen. Wir unterhalten uns doch grade hier!"
Was ein Stuss ... Bewerbung ... eine Party im Freundeskreis und er kommt mir mit Bewerbung. Ich will Spielzeug verkaufen. In nem Laden für Spielzeug. Und ich bin lang überqualifiziert. Doch da lag ich völlig falsch.

"Wieviele Fremdsprachen beherrscht Du denn?" Er überraschte mich.
"Fremdsprachen? Naja, Englisch halt. Und Deutsch ist ja mittlerweile auch eine."
Er machte halboffenen Auges klar, dass Englisch längst keine Fremdsprache mehr sei. Er würde da mehr an Italienisch denken. Oder Spanisch. Und da er sich so gern reden hörte, machte er auch gleich noch einiges andere klar und sich zum Gespött.

Ein Spielzeugverkäufer in seiner noch nicht entstandenen Kette müsse mindestens Akademiker sein. Zudem sollten mindestens zwei Fremdsprachen außer dem obligatorischen Englisch ins Gehör der Kundschaft einfließen. "Ja, Türkisch auch! Dein Laden ist in Dortmund!" warf ein schlauer Mitmensch ein. "Genau!", konterte er allerdings souverän und wird das in künftigen Bewerbungsgesprächen sicherlich ebenfalls zur Anforderung machen. Naja, und, klar, es müsse ein profundes Wissen über Autorennbahnen vorhanden sein. Logo.

"Sach mal", unterbrach ich ihn, "Dein Enthusiasmus ist beeindruckend. Du hast gesagt, Du hättest fünf Mitarbeiter. Ich gehe davon aus, dass jeder davon nebenberuflich Astronaut ist, aber selbst wenn mal einer grad um den Jupiter kreist ... Dein Laden in Dortmund muss sehr groß sein bei fünf Vollzeitkräften."

"Nein, der ist ganz klein."
"Aber wieso dann fünf Leute?"
"Naja, das sind halt alles Mütter, die ab und zu halbtags kommen und aushelfen."

Ich ging dann mal eine rauchen und brach an der Stelle ab.

Als ich mich final aus der Runde und von ihm verabschiedete, gab er mir noch einen sehr freundschaftlichen Rat auf den Heimweg:
"Lern Fremdsprachen. Dann kommst Du auch unter."
Ich überlegte kurz, ob ich ihm mit meinen unerwähnten Kenntnissen aus Japan beeindrucken könne und mit einem unverhofften seoi-nage auf den Boden der Tatsachen werfen solle, beließ es aber bei einem Lächeln, wie ich es gelernt hatte.



3 Response to "Der visionäre Spielzeugverkäufer"

  1. Artur ohne h Says:

    Ja ja, dicke Hose aber nur Strümpfe drin. Solche abgehobenen Partykracher sorgen meisst für einen richtigen Spass wenn man darauf eingeht und Ihre Hosen durch Ihre eigene Beweihreucherung zum platzen bringt um dann beim nächsten Wiedersehen zu hören bekommt das er was GROSSES vor hat.

  2. Anonym Says:

    Handelte es sich nicht um einen Modelleisenbahnladen? Diese Info, falls korrekt, hatte bei mir zusätliche Schenkelklopfer ausgelöst ... und der Pullover und das Eingangsthema: Finanzkrise(!), aber zu dem Zeitpunkt duschtest du ja noch ;o).

  3. hodi aka raketenmann Says:

    ich hab nicht geduscht. ich hab gegessen. den pullover fand ich nicht so schlimm. passte halt.