Wie ich einmal Hilfe erbat

"Guten Tag, ich bin der Herr (x) mit der Schweinepest. Wir hatten telefoniert."
"Ich muss sie leider bitten, noch 20 Minuten draußen zu warten. Ich darf sie nicht ins Wartezimmer lassen."

Natürlich. Wenn die Hirse schmerzt und man sich so richtig unten fühlt, wusste auch schon Oma: Da hilft nur eins - draußen stehen. Eben dies tat ich dann auch ne halbe Stunde, bis man mich mit einem Mundschutz winkend hinein bat.
"Legen sie die bitte an."
"Bitte?"
"Müssen sie leider."
"Wie geht denn das?"
Sie wusste es auch nicht, schraubte aber bemüht an mir herum, bis ich niemanden mehr gefährden konnte. Unterdessen las ich die nagelneuen Hygiene-Vorschriften für Schweinegrippe und generelle Panikseuchen.
"Dürfte ich noch ihr Versicherungskärtchen haben?"
"Schon. Aber ich darf es Ihnen nicht geben. Ich hätt's dann berührt und Sie dürften es nicht mehr anfassen."
Ich hielt ihr mein offenes Portemonaie hin, was sie nicht so lustig fand wie ich.

"Darf ich das jetzt wieder abnehmen?", fragte ich den Arzt mit Ausbildungsgefolge einige Minuten später. Ich wusste: in den Hals gucken geht damit nicht. "Moment!", sprach er hektisch, "was haben sie denn?"
Was ich habe? Geht man nicht mehr zum Arzt, um eben das zu erfahren? Erwarte ich wieder zuviel?
"Das weiß ICH doch nicht!"

Als Doc und seine Helferlein alsbald ihre eigenen Servietten angelegt hatten, durfte ich aber mein Gesicht räumen. "Leicht verschwitzt", murmelte Nathan der Weise, womit er mich wenig beeindruckte, denn unter so ner Hustehaube schwitzt man nunmal etwas. Doch dann gab er all sein Wissen preis: "Die Nase ist gerötet." Verdammt! Wie er nur immer auf so was kommt! Hätt ich doch auch mal was Ordentliches studiert wie er! Heute morgen stand ich Stunden vor dem Spiegel und wunderte mich. Und ich fragte auch meine Liebste: "Was ist anders an mir?" Wir kamen nicht drauf. Endlich wusste ich es. Die Nase ist gerötet.
Als ich diesen Gedanken fertig gedacht hatte, verließ das Medizinerpack auch schon wieder den Raum. Ich fragte noch hinterher, ob ich weiterhin mein Gesicht verhüllen müsse, bekam aber schon keine Antwort mehr. Ich ließ es daher bleiben. Die Gefahr schien gebannt. Meine Nase war gerötet und das war offensichtlich kein Anzeichen für die Schweinepest.

An der Tür warf man mir noch ein Rezept hinterher, was bei mir die üblichen Fragen aufwirft, die ich dann halt vor der gesamten Praxis erörtern musste, weil mir ein so genanntes Patientengespräch mit roter Nase nicht zusteht. "Sie wissen ja, dass ich auf manche Antibiotika ... naja, sie wissen schon ..."
"Wir machen's erstmal so."
Auf Wiedersehen.

Mein Hausarzt ist als Sieger nach einem langen Test von Ärzten hervorgegangen. Als eben der, der noch mit mir als Patient spricht und deshalb mein Geld bekommen soll. Und natürlich hat er den Vorteil, dass er aussieht wie Peter Griffin von Family Guy. Und das ist ziemlich traurig. Wahrscheinlich hätte ich woanders ein Gipsbein bekommen, oder ne Goldkrone. Ich weiß es nicht. Was ich auch nicht weiß: Was hab ich denn nun? Auf dem Weg nach Hause sah ich in die Bescheinigung, die mich heute vom Arbeiten freistellte. Diagnose: J.soundso. Ein Code. Geht mich ja auch nix an. Heißt wahrscheinlich auch nur: "Will Aufmerksamkeit und nervt. Bitte Placebo aushändigen."

Die Apothekerin gab murmelnd mein Medikament heraus. Dreist wie ich bin fragte ich: "Kann man da noch was tun, also, ich mein, meine Nebenhöhlen sind dicht ... so irgendwas zum Dampfen? Also ..."
"Ja, da können sie dies nehmen. Oder das. Oder jenes. Auf Wiedersehen."
Verdammt! Dies ist eine Apotheke! Es wäre doch gelacht, wenn's hier nicht sowas gäb! Also wurde ich richtig frech: "Könnten Sie mir bitte etwas in dieser Art verkaufen???"
"Was denn?"
"Irgendwas! Was würden SIE denn nehmen?"
Da hatte ich sie! Sie legte mir was in die Tüte und murmelte was von acht Euro. Goldstaub offenbar. Wozu es gut ist, steht sicher in der Verpackungsbeilage. Da geh ich nur noch mit DocMorris-Mütze hin, ich schwör's.

Schon hübsch das Ganze. Zumal sich solche Stories häufen. Die Arztpraxis mutiert zum Rezeptkiosk. Und die Medizin-Ausgabe kommt wie die Bedienung der Mensa daher. Teller hinhalten und Schnauze!
"Guten Tag, Herr Doktor, ich habe bereits im Internet recherchiert, dass ich eine H.674.J.4. habe."
"Sehr gut, hier ihr Zettel. Auf Wiedersehen. Sagen Sie der Krankenkasse bitte, dass sie mich hier gesehen haben. Und kommen sie bitte erst in 6 Monaten wieder, sonst bezahlt mir das keiner."

2 Response to "Wie ich einmal Hilfe erbat"

  1. Thorsten Says:

    http://www.icd-code.de/

    Da sind deine Codes ;)

  2. Sacantus Says:

    Ich habe nur einen Wunsch. Bitte bitte nimm mich das nächste Mal als stillen beobachter mit. Ich liebe, nein ich LIEBE(!!!), diese Geschichten von dir!!! Ich habe sehr gelacht!

    Ich wünsche dir eine gute Besserung.