Zunächst: Ohne Goldis Hinweis wäre uns das Konzert entgangen. Dem Veranstalter ist es gelungen, die Reklame für dieses wirklich nicht uninteressante Event komplett unter den Tisch fallen zu lassen. Glatte sechs. Arschlecken, setzen. Immerhin haben sie es aber geschafft, pünktlich um 19 Uhr die Tür aufzuschließen. Mich würde interessieren, wie viele Karten noch übrig waren, denn am Rand des Saals hätte man während des Konzerts noch super Fahrrad fahren können.
Oceansize sollten die Vorband geben, erfuhr ich vor der Halle. Gespannt war ich durchaus, was nach der 2003er "Effloresce" so passiert ist. Die Scheibe hab ich seinerzeit ungefähr 50 Mal laufen lassen und später immer wieder mal; aber verdammt, sie hat nix, was hängen bleibt und pötert so vor sich hin. Nach all den Jahren muss ja was passiert sein.
Wir konnten es leider nicht hören. Denn wir standen in der ersten Reihe. Diese lautstarke Tatsache, gepaart mit dem seit jeher betonierten Gesetz, dass Vorbands grundsätzlich bekackt gemixt werden müssen, damit der Haupt-Act sich gar nicht mehr mühen muss, besser zu klingen, ergaben eine nagelneue Fönfrisur und keinerlei neue Erkenntnisse. Dass ich mir ihre aktuelle CD am Merchandise-Stand zulege, schied also mangels verwertbarer Hörprobe aus. Ich glaube weiterhin, dass Oceansize die harte Version von Coldplay sind: nette Songs, bei denen immer dann, wenn man den Höhepunkt erwartet, wieder nix kommt. Da man Musik durchaus mit Sex vergleichen kann, versteht wohl jeder, dass man sich irgendwann genervt abwendet. Und so war es uns eine Freude, die Ansage vom letzten Song zu hören. Das einzig Faszinierende an Oceansize war an diesem Abend, dass der Trommler keine Becken, Stöcke oder Felle zerlegte, sondern seinen Hocker. Ich bin sicher, dass ich so etwas nie wieder sehen werde. Ähnlich faszinierend ist obendrein die Professionalität der Leute drumrum. Wenn binnen 5 Sekunden ein neuer Hocker parat steht, der nicht vom Schlagzeug der Hauptband geklaut wird, dann ist das schon beeindruckend. Ich entschied danach, mir doch die CD zu kaufen, weil mir eine Passage kurzfristig gefiel und ich das Ganze mal mit ordentlichem Sound hören wollte.
Es folgten Umbauarbeiten, die ich so nicht kannte. Da Steven Wilson grundsätzlich mit barem Fuß spielt, lag es nahe, aber wer vermutet schon, dass da gleich einer auf die Bühne kommt und Staub saugt? Auf den drei Leinwänden liefen derweil filmische Dokumente früherer Staubsaugungen, was für allgemeine Erheiterung sorgte.
Die ersten Akkorde von Porcupine Tree belegten es: es war doch ein kundiger Tonmann mit seinem Mischpult im Hause. Obwohl ich immer noch vor dem Bass-Fön stand, war der Sound klar wie Kloßbrühe. Nachdem sich aber mehrfach die Augenlider meiner Frau umklappten, entschieden wir uns später für einen Platz weiter hinten – nicht ganz so nah bei den Boxen. Und, leck mich am Arsch, klang das gut! Man fühlt sich weiter hinten auch nicht so genötigt, immerzu begeistert zu gucken.
Schade, dass ich die eigentliche Incident-Tour verpasst hatte. Das Konzept-Album auseinanderzudröseln schien mir nicht praktikabel, aber die Ansicht teilten die Musiker leider nicht, weshalb nur etwa die Hälfte der aktuellen Songs vorgetragen wurde. Gespielt wurde ein verwuselter Mix von Stupid Dream, Deadwing, Fear of a Blank Planet und Incident, wobei es an sich nicht viele Songs waren, wenn man bedenkt, dass ein Stück schon mal 12 Minuten haben konnte. Trains fiel gottlob völlig aus. Ich kann's nicht mehr hören. Und der ziemlich gut gelaunte Wilson wohl auch nicht, denn die Anfrage darauf wurde mit einem "oh, not trains again!" quittert. Mir war's im Prinzip gleich, was sie spielten, solange ich teilhaben durfte. Gavin Harrison muss als Kind in ein Uhrwerk gefallen sein. Anders kann ich mir dieses Trommeln nicht erklären. Man muss das einfach mal gesehen haben. Wahnwitz, der niemals nervt und sich schön unterordnet. Bassmann Colin Edwin ist von ähnlicher Machart ... kommt auf die Bühne mit dem gleichen Lächeln, mit der er sie verlässt und guckt nicht einmal nach links oder rechts. Der spielt den kompliziertesten Kram runter wie ein Drei-Teile-Puzzle und scheint dabei über seinen nächsten Urlaub nachzudenken. Meine Vermutung war hier, dass man ihn einfach aufs Klo nebenan tragen könnte, ohne dass er's wirklich wahrnimmt. Er wäre immer noch 100% dabei und man würde keinen Unterschied wahrnehmen, solange man ihm das Kabel dran lässt.
Kurzum: Porcupine Tree sind immer ne Reise wert. Und sei sie noch so kurz. Ich hab bereits Aufregungs-Urin gelassen, als Wilson neue Songs ankündigte.
Verwundert hat mich indes nur, dass Wilson von Bochum als "beautiful city" sprach. Vielleicht muss ich das seiner heutigen Scherzkeksigkeit zurechnen. Weiß nicht, wo der war.
Wo der Jens war, weiß ich auch nicht. Komisch.
Oceansize sollten die Vorband geben, erfuhr ich vor der Halle. Gespannt war ich durchaus, was nach der 2003er "Effloresce" so passiert ist. Die Scheibe hab ich seinerzeit ungefähr 50 Mal laufen lassen und später immer wieder mal; aber verdammt, sie hat nix, was hängen bleibt und pötert so vor sich hin. Nach all den Jahren muss ja was passiert sein.
Wir konnten es leider nicht hören. Denn wir standen in der ersten Reihe. Diese lautstarke Tatsache, gepaart mit dem seit jeher betonierten Gesetz, dass Vorbands grundsätzlich bekackt gemixt werden müssen, damit der Haupt-Act sich gar nicht mehr mühen muss, besser zu klingen, ergaben eine nagelneue Fönfrisur und keinerlei neue Erkenntnisse. Dass ich mir ihre aktuelle CD am Merchandise-Stand zulege, schied also mangels verwertbarer Hörprobe aus. Ich glaube weiterhin, dass Oceansize die harte Version von Coldplay sind: nette Songs, bei denen immer dann, wenn man den Höhepunkt erwartet, wieder nix kommt. Da man Musik durchaus mit Sex vergleichen kann, versteht wohl jeder, dass man sich irgendwann genervt abwendet. Und so war es uns eine Freude, die Ansage vom letzten Song zu hören. Das einzig Faszinierende an Oceansize war an diesem Abend, dass der Trommler keine Becken, Stöcke oder Felle zerlegte, sondern seinen Hocker. Ich bin sicher, dass ich so etwas nie wieder sehen werde. Ähnlich faszinierend ist obendrein die Professionalität der Leute drumrum. Wenn binnen 5 Sekunden ein neuer Hocker parat steht, der nicht vom Schlagzeug der Hauptband geklaut wird, dann ist das schon beeindruckend. Ich entschied danach, mir doch die CD zu kaufen, weil mir eine Passage kurzfristig gefiel und ich das Ganze mal mit ordentlichem Sound hören wollte.
Es folgten Umbauarbeiten, die ich so nicht kannte. Da Steven Wilson grundsätzlich mit barem Fuß spielt, lag es nahe, aber wer vermutet schon, dass da gleich einer auf die Bühne kommt und Staub saugt? Auf den drei Leinwänden liefen derweil filmische Dokumente früherer Staubsaugungen, was für allgemeine Erheiterung sorgte.
Die ersten Akkorde von Porcupine Tree belegten es: es war doch ein kundiger Tonmann mit seinem Mischpult im Hause. Obwohl ich immer noch vor dem Bass-Fön stand, war der Sound klar wie Kloßbrühe. Nachdem sich aber mehrfach die Augenlider meiner Frau umklappten, entschieden wir uns später für einen Platz weiter hinten – nicht ganz so nah bei den Boxen. Und, leck mich am Arsch, klang das gut! Man fühlt sich weiter hinten auch nicht so genötigt, immerzu begeistert zu gucken.
Schade, dass ich die eigentliche Incident-Tour verpasst hatte. Das Konzept-Album auseinanderzudröseln schien mir nicht praktikabel, aber die Ansicht teilten die Musiker leider nicht, weshalb nur etwa die Hälfte der aktuellen Songs vorgetragen wurde. Gespielt wurde ein verwuselter Mix von Stupid Dream, Deadwing, Fear of a Blank Planet und Incident, wobei es an sich nicht viele Songs waren, wenn man bedenkt, dass ein Stück schon mal 12 Minuten haben konnte. Trains fiel gottlob völlig aus. Ich kann's nicht mehr hören. Und der ziemlich gut gelaunte Wilson wohl auch nicht, denn die Anfrage darauf wurde mit einem "oh, not trains again!" quittert. Mir war's im Prinzip gleich, was sie spielten, solange ich teilhaben durfte. Gavin Harrison muss als Kind in ein Uhrwerk gefallen sein. Anders kann ich mir dieses Trommeln nicht erklären. Man muss das einfach mal gesehen haben. Wahnwitz, der niemals nervt und sich schön unterordnet. Bassmann Colin Edwin ist von ähnlicher Machart ... kommt auf die Bühne mit dem gleichen Lächeln, mit der er sie verlässt und guckt nicht einmal nach links oder rechts. Der spielt den kompliziertesten Kram runter wie ein Drei-Teile-Puzzle und scheint dabei über seinen nächsten Urlaub nachzudenken. Meine Vermutung war hier, dass man ihn einfach aufs Klo nebenan tragen könnte, ohne dass er's wirklich wahrnimmt. Er wäre immer noch 100% dabei und man würde keinen Unterschied wahrnehmen, solange man ihm das Kabel dran lässt.
Kurzum: Porcupine Tree sind immer ne Reise wert. Und sei sie noch so kurz. Ich hab bereits Aufregungs-Urin gelassen, als Wilson neue Songs ankündigte.
Verwundert hat mich indes nur, dass Wilson von Bochum als "beautiful city" sprach. Vielleicht muss ich das seiner heutigen Scherzkeksigkeit zurechnen. Weiß nicht, wo der war.
Wo der Jens war, weiß ich auch nicht. Komisch.
8. Oktober 2010 um 10:07
Eine sehr sehr schöne Review, besonders deine Passage zu Gavin und Colin hat mir sehr gut gefallen.
Habe PT jetzt 5 mal gesehen und ich stimme Dir mit deiner Vermutung über Colin absolut zu.
Nächstes mal treffen wir uns, schleichen uns auf die Bühne und tragen Colin vor den Eingang :-D
8. Oktober 2010 um 19:48
Sehr treffend formuliert. Ich schließe mich meinem Vorredner an, was Gavin und Colin betrifft - ich habe schallend gelacht. Ich sehe nur dieses Dauergrinsen als absolute Selbstzufriedenheit an (getreu dem Motto: Ich bin der Geilste...)
Zu Oceansize: Ich empfehle Dir Frames, bei denen sie meiner Meinung nach zumindest teilweise diesen von Dir beschriebenen "Höhepunkt" endlich mal erreichen, auch wenn dieses Album bei den Kritikern unverständlicherweise nicht gut angekommen ist. Was Deine Meinung zum Klang von Oceansize betrifft: Exakt, es war einfach nur der typische Sound einer Vorband. Bei den lauten Passagen war nur ein Dröhnen zu hören (auch weiter hinten).
8. Oktober 2010 um 20:03
Eins noch zur Ergänzung (zum Klugscheissen...). Ein PT-Album hast Du vergessen aufzuzählen: The Sky moves Sideways. Hieraus wurden immerhin das Titelstück sowie Dislocated Day gespielt.
So, genug klug geschissen... ;)
9. Oktober 2010 um 02:10
Ah! Ich ahnte, dass da jemand zu Recht klugscheißt. Die Platten der frühen Jahre sind mir nicht so geläufig. Aber ich lass mich gern aufklären. Muss das eh nachholen.
10. Oktober 2010 um 10:21
Der Jens war nicht da, weil er aus irgendeinem Grund nicht auf der Gästeliste stand und keine Lust hatte für eine Band zu zahlen, die live exakt genau so klingt wie auf Platte. Ist zwar erst mal kinnladenklappend faszinierend aber irgendwann auch langweilig. Und was Bochum angeht: Man muss nur die richtigen Ecken kennen, dann hat der Barfußmann recht. Und: Wo wohnst Du noch gerade? Hagen, Ennepetal oder Gevelsberg? Nur damit ich weiß wofür ich Dich auslache ... :)
11. Oktober 2010 um 18:01
Wenn Porcupine Tree Live genauso klingen wie auf Platte, dann muss ich in Karlsruhe (wie auch schon die 3 vorherigen Male) eine andere Band dieses Namens erlebt haben.
Noch überirdischer als sonst, die beste (noch lebende) Rockband überhaupt und jetzt schon Legende!
12. Oktober 2010 um 00:16
Pink Floyd klingen (klangen) live immer (genauso perfekt) wie von Platte. Porcupine Tree keineswegs! Ihr müsst mal auf die Nuancen achten... Was Gavin und Collin da machen, ist unfassbar!!
So viele kleine Fills, so viel Fantasie und immer leicht variiert. Vergleicht doch einfach mal die LIVE-Dokumente "Arriving Somewhere" "Anesthetize", "Atlanta" und "Coma Divine" miteinander. Immer einen Tacken anders...