Fenster

Ich hatte ihr vorher gesagt: "Wenn damit was ist, frag niemals mich! Nie!" Aber es war sonnenklar, dass der Tag kommen würde, an dem sie es doch tut. Ganze sechs Bettel-SMS habe ich ignoriert, bis die siebte mein Herz weich werden ließ und ich an ihre Tür klopfte, damit das Ding mir auch die Birne weich macht. Sie hatte sich einen Windows-Computer gekauft. Und jetzt natürlich Probleme damit.
Über Windows zu mosern ist oll. Jeder weiß, dass Windows Schabernack ist, und wer es nicht weiß, der wird es auch nie verstehen. Dies soll also kein Kreuzzug sein. Kauft, was ihr wollt. Aber ruft mich dann nicht an.

"Das geht da nicht!", beschrieb sie präzise das Problem.
"Was?"
"Na, das mit dem Virusdings da!"
Nach eingehender Prüfung des Tatbestandes war offenbar: Da war eines dieser Programme am Werk, die ab Werk vorinstalliert sind, täglich zehn Mal daran erinnern, dass man es nun aber bezahlen soll und sich nur unter größten Mühen löschen lassen. Nach 10 Minuten des Abgrasens sämtlicher Menüpunkte fand ich die Option der Deinstallation.
Ich sags frei raus: Ich bin Mac-User. Und ich habe keine Ahnung von Windows mehr. Ich bin also genau so doof wie all die anderen, die täglich Windows-Rechner kaufen und zu benutzen versuchen.

Die Kurzfassung des Deinstalltionsvorganges will ich hier schildern (die Kurzfassung einer Deinstallation unter Mac geht so: Programm in den Papierkorb ziehen):

- Klick auf "Programme deinstallieren"
- ein leeres Fenster öffnet sich
- nichts geschieht. Der Rechner ist offenbar zu neu, um flott zu arbeiten.
- CSI läuft und ich widme mich dem Fernseher
- dann erscheint eine Liste mit Programmen, die zur Deinstallation freigegeben sind
- ich wähle den Übeltäter aus und befehle
- Windows meldet, ich könne das Programm nicht deinstallieren, weil es grade aktiv ist
- ich suche fünf Minuten nach einer Möglichkeit, es zu beenden, finde aber keine
- ich ignoriere also das Verbot und befehle noch einmal die Deinstalltion
- Windows hat nicht aufgepasst und deinstalliert nun
- es vergehen locker 10 Minuten, in denen ich wieder CSI gucken kann
- ich denke an den guten alten C64. Da konnte man auch immer prima was nebenher machen, wenn er was lud.
- das Programm sei nun deinstalliert und der Rechner müsse neu starten
- ich gebe mein OK und erwarte einen Neustart
- Windows meldet, dass ich den Rechner nicht ausschalten soll, weil es gerade Updates installiere
- Windows startet nach fünf Minuten neu
- Windows meldet, dass es nun die Updates installiere, ich solle nicht ausschalten
- nach gefühlten zehn Minuten startet Windows sich neu
- nach dem Neustart reagiert Windows nicht
- ich bemerke an einer Leuchte, dass der Rechner offenbar mit sich selbst beschäftigt ist und lasse ihm Zeit
- auf dem Bildschirm fliegen plötzlich Fenster und Pop-Ups auf und zu, Windows hat sich offenbar mein hilfloses Geklicke gemerkt und will mir das auch zeigen
- Zwei Programme, die ich wegen unsinniger Speicherauslastung beenden will, stürzen ab oder "reagieren nicht"


Später am Abend überlege ich, wie es wohl sei, wenn mein Auto mit Windows liefe ... Morgens um 7 Uhr.

"Herzlich Willkommen!" ertönt es da beim Einsteigen. Die Stimme aus den Lautsprechern bietet mir alle nötigen Optionen: "Was wollen sie nun tun?" Eine Liste mit Möglichkeiten erscheint auf dem Radio-Display:
1. Ich möchte über Produktupdates von Audi informiert werden
2. Ich möchte einen Radiosender suchen
3. Ich möchte die Fensterscheibe herunterfahren, um Nachbarn zu grüßen
4. Ich möchte das Fahrzeug benutzen

Wie ich also grade Taste 4 drücken will, springt mir ein Pop-Up aus dem CD-Schacht vor den Finger: "Haben Sie schon das Lenkrad bemerkt? Mit diesem Gerät können sie das Fahrzeug in verschiedene Richtungen (außer nach vorn und nach hinten) bewegen". Ich drücke das Pop-Up wieder in den CD-Schacht, woraufhin ein neues erscheint: "Sie haben soeben ein Fenster geschlossen! Möchten Sie weitere Tipps zu Ihren Fenstern erhalten?" NEIN!

Also drücke ich endlich Punkt 4, um das Fahrzeug zu benutzen.
WDR4 ertönt und die Fensterscheiben scrollen runter. Die Heckklappe poppt auf. Der CD-Schlitz raschelt allerhand Zettel hinaus, die über die Heckklappe sowie über die stufenlos erweiterbaren Lufteingänge rechts und links, also die Seitenfenster, informieren. Auf dem Radiodisplay erscheint: "Kofferraum-Modus aktiv: Wollen sie Gemüse einladen?" NEIN!

"Was wollen Sie nun tun? 1. Kofferraum absprengen, 2. Kofferraum tapezieren, 3. Kofferraum schließen." Schließen. "Wollen Sie das Programm Kofferraum beenden? "1. Abbrechen, 2. Neustart, 3. Etwas anderes als Gemüse versuchen". Ich drücke die 1, der Kofferaum bleibt offen.

Ich entscheide, das Ding zu ignorieren. Ich muss zur Arbeit. Bleibt das Ding halt offen. Aber ich muss echt los jetzt.

Ich bemerke den "Start"-Button und drücke zu. Alsbald erscheint das Fenster "Fahrzeugsteuerung" und suche dort die Option "Zündung". Ich finde sie versteckt unter "Erweiterte Fahrzeugmerkmale, Elektrik" und klicke erleichtert hin.
"Bitte legen Sie die Audi-DVD in Ihr Radio ein, um Komponenten zu installieren: Zündung" Ich lege die Scheibe ein, der Motor startet und stoppt. Die Fenster schließen sich, die Motorhaube springt auf. In einem neuen Fenster erscheint die Frage, welches Zündungsmodell ich benutzen möchte: "A2, A3, A4, A6, A7, A8, TT, weitere" Ich wähle "A3" und klicke auf "Zündung installieren". Der Wagen bockt ins Gebüsch, stottert und macht keinen Mucks mehr. Ich werde wahnsinnig.

Ein Gedrückthalten von Zündschlüssel und Senderspeicher 3 startet das Vehikel neu.

"Das Fahrzeug wurde nicht ordnungsgemäß abgestellt und wird nun aus der Vegetation gefahren." Ein Ladebalken erscheint.

"Herzlich Willkommen! Was wollen Sie nun tun?"
Mit der Faust schlage ich auf Punkt 4 ("Fahrzeug benutzen") ein, während ich im Büro anrufe und meine Verspätung ansage. Ein neues Fenster erfragt mein Vorhaben "Benutzen" genauer. "Wollen Sie 1. das Fahrzeug warten, 2. den Wetterbericht abrufen, 3. die Staumeldungen abrufen, 4. das Fahrzeug zu einem neuen Zielort navigieren?" Ich drücke die 4 und der Wagen springt an. Jetzt kann's los gehen.

Tatsächlich läuft alles rund. Der Fußraum für den Beifahrer ist mit Zetteln übersät, die das Radio alle paar Sekunden ausspuckt, um mich auf dem neuesten Stand über mein Auto zu halten. Aber das ficht mich grad nicht, ich kümmer mich später drum. Auf halber Strecke erscheint eine Meldung, die mit Blinken und Radau auf sich aufmerksam macht:
"Es sieht so aus als wollten Sie zur Arbeit fahren. Es konnten keine Butterbrote im Fahrzeug gefunden werden. Das Fahrzeug wird gewendet." Um mir das Gefühl von Mitspracherecht zu geben muss ich bestätigen: "1.OK, 2. Fahrzeug wenden, 3. Abbruch der Fahrt".

Ich blicke in den Rückspiegel und entscheide: "3. Abbruch der Fahrt"
Der Drehzahlmesser zeigt 0, der Motor stirbt ab und ich rolle auf den Seitenstreifen der A40. Ich verlasse den Wagen und werde ihn nie wieder sehen. Nachdem ich an der Beifahrertür meine Blase entleert habe, mache ich mich daran, das Autobahnareal durch die beigepflanzte Schallschutz-Vegetation zu verlassen und zu Fuß wieder nach Hause zu gehen.

Können wir dann?

Lieber Obama,

hübsch, dass Du nun da bist. Ich habe heute an viele weiße Zipelmützenmänner gedacht, die sich arg grämten. Und George, der alte Haudegen, hockt nun allein in good old Texas und trinkt sich tot. Naja. Der haut bestimmt die Laura, wenn er die Lampe an hat. Geh da mal einer hin zum Gucken morgen. Arme Frau. Behält der die Hunde?

Ich glaub noch nicht so recht an "Yes, we can". Weißt Du, solange Du an der Bibel rumfingern musst und Gott Dir helfen soll, ist das mit dem Umdenken noch nen ganzen Block entfernt. Tu mal den lieben Gott auf die Seite. Wenn der im Spiel ist, fliegen immer so viele Leute in die Luft. Der alte Junge ist immer eine prima Ausrede für allerhand Unfug gewesen. Mal weg vom Gottesstaat, das wäre mal ne Startnummer. Kreationisten sprengen. Und die ganzen Schießwütigen da. Fürchterlich. Müssen alle weg. Dann hat der Rest auch Arbeit und kann die Krankenkasse bezahlen. Weißt Du, glücklichere Menschen machen weniger Quark. Weil sie nicht auf Gott hoffen müssen. Echt.

Du hast ja an sich schon viel bewegt. Weil Du als Schwarzer jetzt in den Chefsessel pupst. Das ist pädagogisch wertvoll für alle Kinder. Aber das man das so betonen muss, ist doch wieder recht armselig. Ist erst der Anfang. Nu aber nicht denken, dass Du der Dschungelkönig bist! Aber bislang wirkst Du nicht so selbstverliebt wie Schorsch.

Mach's gut!

Raucherbeine

Wenn ich nicht rauchen würd – ich könnt gar keinen Sport machen.
Es ist toll: Im Zuge des Raucherdiskriminierungsgesetzes und natürlich weil es sonst unsagbar ekelhaft wäre, werden Raucher in unserem Büro ausgesperrt. Eigentlich werden sie eingesperrt. Nur halt woanders. Sie werden in ein Kabuff gepfercht und lauschen in ihren stündlichen voll bezahlten Nikotinpausen einer Lüftung, die einem die Haare rauft. Aber:
In diesem Kabuff steht ein Hocker. Und Freunde, den weiß ich zu nutzen.

Beim Kampfsport ist Treten in der Regel ungemein hilfreich. Bis vor nicht allzu langer Zeit war ich allerdings derart gelenkig, dass ich maximal ein Knie zertreten konnte. Das schafft durchaus schonmal Eindruck beim potentiellen Opponenten, sieht aber sonst eher lustig aus. Man kämpft ja auch selten gegen Dackel. Bin ja gar nicht bei der Post. Seis drum.
Der Hocker ist mein Freund. Mit seiner Hilfe kann ich wunderbar meine Beine dehnen! Jede Stunde eine Kippe macht rund acht mal täglich Dehnübungszeit. Sonst gibts da ja nix in dem Kabuff. Ok, ich lauf seit Tagen wie auf faulen Eiern, aber irgendwas ist ja immer.

Nachdem ich ne Woche lang nach der Arbeit direkt komatös hinschlug und nicht trainierte, kam heute wieder die verhassteste aller Trainingseinheiten. Treten. Treten. Sonst nix. Vorne, hinten, seitwärts, Schritt. Und siehe da! JAAAA! Ich suchte meinen Fuß vergebens auf Kniehöhe des Partners! Ich war längst an seinem Hals! Dabei war er immer noch genauso groß wie vorher! Das irritierte mich noch mehr als ihn. Da man beim Training aber etwas mehr Abstand als auf der Kirmes hält, tat er sich nix.

Fazit: Das schafft was! Erfahrungsgemäß werde ich morgen nicht laufen können, aber übermorgen geht's weiter. Muss ja auch mal was bei rumkommen bei der ganzen Raucherei. Is eh so teuer.

Würdeabrieb

Als ich lernte, dass man Sandalen hassen muss, wusste ich noch nicht, dass man das tut, weil sie nunmal Sandalen sind. Mama sagte, dass alle Kinder Sandalen trügen. Das genügte völlig, um meine strikte Ablehnung zu erwecken und stante pede zu betonieren. Ich hatte nie einen Stil und verteidigte dies bereits mit 5 Jahren vehement.
Die Wahrheit ist natürlich, dass ich auch schon mit 5 einen Dachschaden hatte, der mich zwang, immer anders zu sein als die anderen Kinder. Heute allerdings ist mir dieser Dachschaden sehr lieb und teuer geworden, hindert er mich doch daran, mich bei Unisex frisieren zu lassen oder den Kragen eines potentiellen Hemdes hochzuklappen. Es hindert sogar meine Gene, mir mit 31 einen Drei-Tage-Bart wachsen zu lassen.

Immer öfter jedoch kam ich beim Blick in den Spiegel zu folgender Feststellung: "Ich seh aus wie hingeschissen!"

Das liegt natürlich daran, dass mich keiner lieb hat, vor allem ich selbst. Aber man kann da einiges tun im Einzelhandel. Also trafen hier dann und wann doch Dinge ein, die ich immer verteufeln wollte. So stand ich also da, in Bollerbuchse und Vans. Dabei hab ich nichtmal ein Fahrrad. Sogar ein Frisuren-Imitat ließ ich mir schneidern. Beim hiesigen Starfriseur, mit der Bitte um Restauration. Nicht wie üblich in Omis Lockenladen, wo ein "wieder abmachen!" völlig ausreicht.

Aber mehr nicht! Hier muss Schluss sein! Als ich kürzlich einer meiner Lieblingsplatten lauschte, hieß es dort "I met a boy wearing Vans, 501s ..." Ich fuhr panisch in die Stadt, kaufte eine No-Name-Hose aus Ungarn, suchte die alten Wanderstiefel aus dem Schrank, stellte mich zufrieden vor den Spiegel, zog mich wieder aus und warf die Klamotten in den Müll.

Nachdem ich nun meinen neuen Job antrat, fragte ich mich, ob es dem ersten Eindruck schadet, wenn ich meine Bütterchen und Capri-Sonnen in einer Plastiktüte durch die Pforten trage. Das hab ich auch früher so gemacht, aber da war mir der Job auch wurst. Einen bunten Nike-Rucksack lehnte ich ab. Ich hab ja kein Fahrrad. Und die riesen Sporttasche? Nein.

Also tat ich es. Meine Hoden krampften erst ein wenig, obwohl ich wirklich nicht homophob bin. Ich ging hin und kaufe EINE UMHÄNGETASCHE! Jahre habe ich gelacht über all die Tuntentypen und Vollwichtel mit ihren Täschchen da! Und jetzt gehöre ich dazu! Es ist ekelhaft! Und das Schlimmste: Es ist sehr praktisch. Man kann alles mitnehmen. Bürste, Fön, alternative Schnürsenkel. Toll.

Am Wochenende hab ich schonmal nen Test gefahren und bin frisch betascht zum Pokerabend gedüst. Ich konnte sogar ne Tüte Kekse und zwei Liter Erfrischungsgetränk bei mir führen, ohne dass mir der iPod (OH GOTT!) beim Klingeln runterfiel. Und es hat niemand bemerkt.

Mal so am Rande

Es ist eigentlich schon frech, wofür manche Leute Geld bekommen. Ich zum Beispiel könnt den ganzen Tag kichern, wenn ich's schon glauben könnte.
Ich wünsche allen ehemaligen Kommilitonen einen kurzweiligen Tag in ihren Werbeagenturen. Muahahaha. MUAHAHAHAHAAAA!

Gesicht zeigen

In Berlin haben ein paar weise Guerillas Werbeplakate mit schönen Mädels mit eben dem überklebt, was die Mädels so schön macht: mit den Paletten und Werkzeugen von des Bildbearbeitungsprogramms Photoshop.
Ich will gar nicht wissen, wie viele Unwissende glauben, dass die Gesichter aus der Werbung wirklich so aussehen.

Daumen hoch! Mehr davon!

Zu sehen hier

Toll!

Der Irrsinn! Ich danke dem schönen M. für eine wunderbare Festivität!
Gefühlte 2000 Leute und nur ein Spinner darunter? Das gibt's doch gar nicht!
Ich komm wieder, keine Frage! Wenn auch mit Gehörschutz.

Der visionäre Spielzeugverkäufer

Montag, Januar 12, 2009 by hodi aka raketenmann 3 Mal Senf dazu
Oft, wenn man nach Hause fährt, nachdem man neue Menschen kennengelernt hat, fühlt man sich nicht mehr ganz so bescheuert wie vorher. So erging es mir Silvester.

Er habe ein Spielzeugfachgeschäft. Nun wolle er expandieren. Ins Ausland. Also in mehrere Ausländer gleichzeitig. Italien wäre schonmal was. Spanien müsste aber ebenfalls drin sein.
Es roch arg nach dicker Hose, aber wenn ich "Spielzeug" höre, werde ich immer aufmerksam wie freudig infantil. Und da ich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, ob ich nun meinen neuen Job antreten würde, mischte ich mich auch direkt ein:
"Spielzeugladen? Brauchst Du noch Mitarbeiter? Ich wäre grad vakant!"
"Ich habe fünf Mitarbeiter, aber ja, ich suche wirklich grade noch jemanden", war seine Antwort.
"Ja nu ... hier bin ich! Was brauch ich, was willst Du wissen, wie geht's weiter?"
"Also Du kannst mir ja ne Bewerbung schreiben."
"Von wegen. Wir unterhalten uns doch grade hier!"
Was ein Stuss ... Bewerbung ... eine Party im Freundeskreis und er kommt mir mit Bewerbung. Ich will Spielzeug verkaufen. In nem Laden für Spielzeug. Und ich bin lang überqualifiziert. Doch da lag ich völlig falsch.

"Wieviele Fremdsprachen beherrscht Du denn?" Er überraschte mich.
"Fremdsprachen? Naja, Englisch halt. Und Deutsch ist ja mittlerweile auch eine."
Er machte halboffenen Auges klar, dass Englisch längst keine Fremdsprache mehr sei. Er würde da mehr an Italienisch denken. Oder Spanisch. Und da er sich so gern reden hörte, machte er auch gleich noch einiges andere klar und sich zum Gespött.

Ein Spielzeugverkäufer in seiner noch nicht entstandenen Kette müsse mindestens Akademiker sein. Zudem sollten mindestens zwei Fremdsprachen außer dem obligatorischen Englisch ins Gehör der Kundschaft einfließen. "Ja, Türkisch auch! Dein Laden ist in Dortmund!" warf ein schlauer Mitmensch ein. "Genau!", konterte er allerdings souverän und wird das in künftigen Bewerbungsgesprächen sicherlich ebenfalls zur Anforderung machen. Naja, und, klar, es müsse ein profundes Wissen über Autorennbahnen vorhanden sein. Logo.

"Sach mal", unterbrach ich ihn, "Dein Enthusiasmus ist beeindruckend. Du hast gesagt, Du hättest fünf Mitarbeiter. Ich gehe davon aus, dass jeder davon nebenberuflich Astronaut ist, aber selbst wenn mal einer grad um den Jupiter kreist ... Dein Laden in Dortmund muss sehr groß sein bei fünf Vollzeitkräften."

"Nein, der ist ganz klein."
"Aber wieso dann fünf Leute?"
"Naja, das sind halt alles Mütter, die ab und zu halbtags kommen und aushelfen."

Ich ging dann mal eine rauchen und brach an der Stelle ab.

Als ich mich final aus der Runde und von ihm verabschiedete, gab er mir noch einen sehr freundschaftlichen Rat auf den Heimweg:
"Lern Fremdsprachen. Dann kommst Du auch unter."
Ich überlegte kurz, ob ich ihm mit meinen unerwähnten Kenntnissen aus Japan beeindrucken könne und mit einem unverhofften seoi-nage auf den Boden der Tatsachen werfen solle, beließ es aber bei einem Lächeln, wie ich es gelernt hatte.



Schöne Bescherung

"Wir schenken uns nichts!" heißt es in vielen Familien zur Weihnachtszeit. Das kann und sollte man auch nicht nur auf die Bescherung beziehen, sondern aufs Miteinander generell. "Wir schenken uns NICHTS!" Wer das sagt, will nicht nur jegliche Gedanken an Aufmerksamkeit den "Geliebten" gegenüber aus dem Kopf vergraulen, sondern er will auch Krieg. Hört man diesen Satz, gilt es zu laufen! Weit und schnell!

Am just vergangenen heiligen Abend erlebte ich, was passieren kann, wenn jemand, der völlig freigeistig durch die Welt stampft, sich erhebt und los geht, um für den Ehemann doch mal ein Geschenk zu erwerben. Irgendwie hat man sich ja doch aneinander gewöhnt in all den Jahren und sich lieb gewonnen.

Im Zuge der Bescherung im Familienkreise stoppte kurz der Lauf der Zeit sowie alle umliegenden Gespräche, als das Wesen, welches mein Onkel irgendwann aus Mangel an Weib zu eben diesem nahm, ihr Geschenk an ihren Ehemann auf den Tisch vor ihm stellte. Mit - und das gilt es vorher zu unterstreichen! - völlig ernster Mine und einem schüchtern hingestammelten "eigentlich wollten wir uns ja nix schenken, aber naja ..." stellte sie ihm das hin, was ihre Liebe zu ihm und zu sich selbst hergab:

Eine Pulle Fa Duschgel! Und zwar OHNE Geschenkpapier!

Noch auf dem Weg in die Küche, den ich sofort rennend einschlug, kamen mir die Tränen vor Lachen. Mein Vater, der immer spülen muss, um irgendwas zu tun, hatte es nicht mitbekommen. "Sie hat ihm ... hust ... keuch ... ne ... aaaahahahaha ... Pulle Duschgel geschenkt! Prust, hechel! Für einsneunundsechzig ausm Aldi! Ich geh kaputt! Prust, heul." Er weinte mit, brauchte aber auch erst ne Weile, um das Geschehene zu begreifen.

Später, als die Tränen trockneten und Atemluft wieder vorrätig war, saß ich mit roten Augen wieder am Tisch. "Sach mal, das hättse aber wenigstens mal einpacken können, oder?" maulte ich sie an. "Hmja", fiel es aus ihrem hohlen Kopf, "aber es war doch auch nichts Besonderes jetzt."


Ich penne

Aaaaaahhhh, ist das schön. Die lustige Welt der Psychologie.
Nachdem ich seit Anfang der Woche immer nur zwei Stunden am Stück schlief, weil mich der Daueralarmzustand nicht zur Ruhe kommen ließ, erwachte ich heute um 16 Uhr nach 14 Stunden Schlaf. Der Druck ist weg.
Ok, ich hab natürlich den Termin bei der Sparkasse verpennt, bei dem ich doch meine neuen vermögenswirksamen Leistungen und meine privaten Rentenrücklagen erörtern wollte, aber was solls. Der Kunde hat immer Recht. Dann eben Montag.
Heute Abend wird beim Onkel Säc tüchtig gefeiert. Da musst ich doch vorschlafen. Gähn. Ist das schön.

Ich rocke

Es ist alles schlimm. Die Krise geht um. Wer einen Job hat, sollte an ihm kleben. Wer keinen hat, für den sieht's übel aus. Und dann isses auch noch bitterkalt und man fliegt beim Risiko-Spiel als erster raus. Zum Heulen.

Man sagte mir einst, dass ich Eier hätte. Weil ich einen Job, den ich nicht ertragen konnte, auch ohne Aussicht auf Neues kündigte. Ich ziehe den finanziellen Ruin dem emotionalen vor, wofür nur wenig Menschen Verständnis haben. Ich kann nicht robotern und ich kann nicht Scheiße fressen und dabei lächeln. Und ich habe es wirklich versucht. Entgegen der Eintrichterung meiner Elternteilchen bin ich nicht der Ansicht, dass das Leben in erster Linie durch Leid vor anderen und sich selbst zu rechtfertigen ist.
Wer kündigt kriegt natürlich auch nichts beim Amt. Nichtmal von Onkel Hartz. Und so schlug ich mich ein Jahr allein durch. Und das war nicht schön.

So stand ich irgendwann da, am absoluten Ende meiner Finanzen. Jede Rechnung kann das komplette Desaster bedeuten. Und der finanzielle Ruin bedingt auch irgendwann den emotionalen. Nachts wird nicht mehr gepennt. Die Tage sind diesig. Die Aussichten auch: entweder Werbeagentur und anschließend Suizid oder Hartz4 und anschließend Suizid. Es ist nicht der Lohn, für den man arbeitet. Es ist die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft.

Und da war die Stellenanzeige, auf die ich gewartet hatte! Ich verabscheue meine Branche und kann das nie genug betonen. Werbung! Das ist der Grund, warum ich morgens nicht früh aufstehen muss. Ich würde eh rausfliegen, weil ich mich permanent auf den Tisch erbrechen müsste. Wahrscheinlich würde ich bereits im Bewerbungsgespräch scheitern, weil meine Augen die korrekte Antwort auf "Warum möchten sie bei uns arbeiten?" schon vor meinem Mund geben. Wie gesagt: ich habs versucht. Doch hier ging es um was anderes. Keine scheiß Reklame für zwei Kilo Mett oder einen Mercedes! Und es war einer gefragt, der auch noch illustrieren kann. Ob der Chef ein bekackter Freak ist wie mein alter oder die Kollegen Rotz sind, erfährt man aus einer Anzeige nicht. Dennoch: das klingt wie mein Job und ich will ihn haben.
Was machen also Leute, die Eier haben und am Rande des finalen Absturzes mit den Fingernägeln im Abhang graben? Völlig richtig: Sie bewerben sich für diese Stelle. Und sonst für keine. Weil es eben nur diese sein soll. Es gilt nur, die Chefs zu überzeugen und gegen X andere zu bestehen. Es gilt, ein Champion zu sein! Mit Eiern! Es gilt eine Mappe zu machen, ein Gespräch zu meistern, zu begründen, warum man den anderen Job einfach hinwarf, Kontrahenten auszustechen, eine Testaufgabe zu erledigen, einen Arbeitstag lang zu glänzen und dabei in den Spiegel sehen zu können.

Wie sagte Yoda einst in Star Wars: "Es gibt kein Versuchen!"
Im Privatfernsehen hieß das: "Tchakka! Du schafft es!"

Ich werde mich der Depression nicht beugen! Niemals! Ich knie nicht! Ich kann es nicht. Nicht, weil ich stolz bin, sondern, weil mein Hirn da nicht mitmacht.

Und so kam heute um 10:58 Uhr der Anruf. Ich habe die Stelle. Natürlich. Weil ich rocke! Und weil ich's echt verdient hab.

Und weil ich den Job wirklich wollte. Mit halbem Herz geht gar nix. Der kluge Japaner weiß es längst: Energie und Einheit, ki und ai. Der Kiai ist der Schrei, der einen Schlag bei den Kampfkünsten begleitet. Viele halten das für Stuss, liegen aber daneben. Selbst manche Kampfsportler verstehen es nicht. Man schlage vor eine Holztür. Entweder die Finger brechen oder die Tür hat ein Loch. Je nachdem was man wirklich glaubt.

Und nun darf es hier auch wieder weiter gehen.